Teurere Dienstleistungen

Inflation in Deutschland höher als erwartet

Die Inflation in Deutschland lässt im April weniger nach als erwartet. Dies liegt an deutlich teureren Dienstleistungen. Ökonomen erwarten dennoch mehrheitlich eine weitere Zinssenkung der EZB.

Inflation in Deutschland höher als erwartet

Deutsche Inflation höher als prognostiziert

Nur leichter Rückgang auf 2,2 Prozent – Kernrate steigt deutlich wegen teurerer Dienstleistungen – Zinssenkung erwartet

mpi Frankfurt

Niedrigere Energiepreise haben in Deutschland zu einem abermaligen Rückgang der Inflationsrate geführt. Nach europäischer Berechnungsmethode HVPI legten die Verbraucherpreise im April laut einer Erstschätzung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) um 2,2% zu. Das sind 0,1 Prozentpunkte weniger als im März. Ökonomen hatten im Schnitt indes mit einem Rückgang um 0,2 Prozentpunkte gerechnet.

Vor allem der Preisanstieg bei Dienstleistungen verhinderte einen deutlicheren Rückgang der Teuerung. In diesem Bereich lag die Inflation bei 3,9% und damit ein gutes Stück über der Rate vom März (3,5%). Eine Ursache hierfür ist Ostern. Die Feiertage waren in diesem Jahr deutlich später als 2024, was nun die Inflationsrate im Jahresvergleich nach oben drückt. Commerzbank-Ökonom Marco Wagner macht jedoch noch eine weitere Ursache aus. „Offensichtlich schieben die weiterhin recht kräftigen Lohnsteigerungen die Teuerung in diesem arbeitsintensiven Sektor immer noch stärker an, als es zuletzt den Anschein hatte.“

Der Lohnindikator der EZB basierend auf den jüngsten Lohnabschlüssen signalisiert für die zweite Jahreshälfte einen deutlichen Rückgang beim Zuwachs der Gehälter. Auch Befragungen von Unternehmen durch die Notenbank deuten dies an. Viele Ökonomen rechnen ebenfalls damit, dass das Lohnwachstum stark nachlässt, doch es gibt auch skeptischere Stimmen. Sollten die Löhne stärker zulegen als von der EZB prognostiziert, dürfte sich die nachhaltige Rückkehr zum Inflationsziel verzögern.

Stärkerer Euro

Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING, erwartet hingegen, dass die Inflation in den kommenden Monaten weiter schwindet. Die Handelsstreitigkeiten und die damit verbundene Unsicherheit für Unternehmen und Verbraucher werde über niedrigere Energiepreise und einen stärkeren Euro den Inflationsdruck senken. Verstärkt werde dies noch dadurch, dass China wegen des Zollkonflikts mehr günstige Ware nach Europa statt in die USA exportieren könnte.

„Trumps wirre Handelspolitik könnte in den kommenden Monaten in Deutschland für mehr Preisstabilität sorgen“, meint auch Friedrich Heinemann, Ökonom am Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Er führt aus: „Der Vertrauensverlust für den Dollar stärkt den Euro und macht Importe billiger.“

Kernrate der Inflation steigt

Noch keine Entlastung in der Breite für die Verbraucher sieht dagegen Michael Heise. „Die hohe Kerninflation zeigt, dass die schwache Entwicklung der deutschen Konjunktur, die sich auch im ersten Quartal fortgesetzt hat, den Preisanstieg bislang nur wenig dämpft.“ Im April ist die Kernrate – auch aufgrund des Ostereffekts – von 2,6 auf 2,9% gestiegen. Die Kerninflation berücksichtigt die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise nicht. Sie gilt Ökonomen daher als Indikator für den Inflationstrend.

Volkswirte erwarten mehrheitlich, dass die EZB ihre Leitzinsen im Juni abermals senken wird. Bei dieser Sitzung stehen auch neue Projektionen zu Inflation und Wirtschaftswachstum an. „Sollten diese eine länger anhaltende wirtschaftliche Schwäche vorsehen, bei gleichzeitig auf EZB-Zielniveau liegenden Inflationsraten, wird der Zinssenkungszyklus im zweiten Halbjahr seine Fortsetzung finden“, meint Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank.

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