IWF fordert Durchhaltevermögen von der Politik

Hilfsmaßnahmen nicht vorzeitig beenden - Europäische Wirtschaft grüner und digitaler gestalten

IWF fordert Durchhaltevermögen von der Politik

ba Frankfurt – Der Internationale Währungsfonds (IWF) appelliert in seinem wirtschaftlichen Ausblick auf die Eurozone an die Regierungen, Reformen zu entwerfen, um das Produktivitätswachstum anzukurbeln und die Wirtschaft grüner und digitaler zu gestalten. Ohne die beispiellos schnelle, vielfältige und umfangreiche politische Reaktion auf die Corona-Pandemie wäre die Rezession im Euroraum weit schlimmer ausgefallen. Die starke politische Unterstützung müsse nun aber aufrechterhalten werden, bis der Aufschwung vollständig gefestigt sei, sagte Alfred Kammer, Direktor der Europa-Abteilung des IWF bei der Vorstellung des Berichts. Der Fehler, nach der globalen Finanzkrise 2008/2009 die Hilfen vorzeitig zu beenden, dürfe nicht wiederholt werden. Dies würde viele Länder zurück in die Rezession schicken und vieles rückgängig machen, was bisher bereits erreicht wurde. Mit der Zeit solle aber “die Unterstützung zielgerichteter und auch flexibler werden, um die Umverteilung von Ressourcen und die Transformation der Wirtschaft zu erleichtern”, heißt es in dem Bericht.Europaweit, so schätzt der Währungsfonds, seien mindestens 54 Millionen Jobs durch Kurzarbeitsprogramme erhalten worden. Diese sollten fortgeführt werden und im Rahmen der weiteren Pandemieentwicklung und der Wirtschaftserholung vom Arbeitsplatzschutz hin zu einer Unterstützung der Arbeitnehmer gewandelt werden, empfiehlt der IWF – auch durch Umschulungs- und Weiterbildungsprogramme.Mit Blick auf die Unternehmen müsste die Politik über Liquiditätshilfen hinausgehen und sicherstellen, dass insolvente, aber überlebensfähige Firmen weitergeführt werden können. In den fortgeschrittenen europäischen Volkswirtschaften könnte etwa einem Drittel der durch die Pandemie bedingten Zahlungsschwierigkeiten mit Maßnahmen wie Lohnsubventionen, Zuschüssen oder Steuererleichterungen begegnet werden. In den Schwellenländern Europas sei es nur ein Viertel. Daher müssten Maßnahmen ergriffen werden, um Schulden von Unternehmen, die gerettet werden können, rasch umzuschulden und einen geordneten Ausstieg der Firmen zu ermöglichen, deren Geschäftsmodell nicht tragfähig sei.Die europäischen Banken sieht der IWF gut aufgestellt: Zu Beginn der Pandemie seien die Kapital- und Liquiditätspuffer stark gewesen und ihre Widerstandsfähigkeit habe mit den starken politischen Reaktionen dazu beigetragen, eine Kreditklemme zu vermeiden. Die Bankenaufsichtsbehörden sollten weiter “aufsichtsrechtliche Flexibilität üben, um den Kreditfluss nicht zu gefährden”, fordert der IWF.Als größtes Risiko für die Erholung – die uneinheitlich und unvollständig ausfallen werde und sich bis 2022/2023 hinziehen könnte – nennt IWF-Experte Kammer nicht nur die zweite Infektionswelle, sondern auch einen No-Deal-Brexit.