Handelskonflikt

Japan und USA interpretieren Investitions-Deal anders

Ein Rahmenwerk für japanische Investitionen von bis zu 550 Mrd. Dollar in den USA ist ein fester Bestandteil des Zolldeals zwischen beiden Länder. Doch es gibt keine Einigkeit darüber, wie und in welcher Form die Gelder fließen und wer daran verdient.

Japan und USA interpretieren Investitions-Deal anders

Japan und USA interpretieren Investitions-Deal anders

Bürgschaften und Kredite statt „tatsächliche“ Investitionen

mf Tokio

Ein zentraler Bestandteil des Zoll-Deals zwischen Japan und den USA könnte sich größtenteils als Luftschloss entpuppen. Präsident Donald Trump prahlte damit, Japan hätte Investitionen von 550 Mrd. Dollar in den Vereinigten Staaten zugesagt, um den allgemeinen Einfuhrzoll von 15% zu bekommen. Diese beträchtliche Summe entspricht mehr als 10% von Japans Bruttoinlandsprodukts. „Sie stellen sozusagen Startkapital zur Verfügung“, sagte Trump am Donnerstag. Nach seinen Angaben würden 90% der Rendite an die USA gehen.

Die japanische Lesart ist eine ganz andere. Bei den 550 Mrd. Dollar handele es sich um die Kreditfazilitäten staatlicher Finanzinstitute wie der Japan Bank for International Cooperation (JBIC) und der Nippon Export and Investment Insurance (NEXI), erklärte das Tokioter Kabinettsbüro, das japanische Äquivalent zum deutschen Kanzleramt. Weitere Details würden je nach Fortschritt der Investitionsvereinbarungen festgelegt.

Finanzierung neuer Lieferketten

Der japanische Chefunterhändler Ryosei Akazawa wurde noch deutlicher. Nur 1-2% der Gesamtsumme würden tatsächliche Investitionen sein, der große Rest Kredite und Bürgschaften, insbesondere für den Aufbau von Lieferketten in Sektoren, die für die wirtschaftliche Sicherheit entscheidend sind. Die Projekte seien nicht auf japanische und amerikanische Unternehmen beschränkt. Auch ein taiwanesischer Chiphersteller, der eine Fabrik in den USA baut und japanische Komponenten verwendet oder seine Produkte an japanische Bedürfnisse anpasst, könnte japanische Hilfe bei der Finanzierung bekommen. „Es fließen keine 550 Mrd. Dollar in bar in die USA“, betonte Akazawa. Die Aufteilung der Gewinne nach der Formel 90 zu 10 beziehe sich nur auf die Erträge von Investitionen. Japan werde durch Kreditzinsen und Gebühren für Bürgschaften Geld verdienen.

Dagegen behauptete Trump, es handele sich „nicht um Darlehen, sondern um einen Unterzeichnungsbonus“. Das Weiße Haus präzisierte, die Vereinbarung enthalte ein „japanisch-amerikanisches Investitionsinstrument“, das „auf Anweisung von Präsident Trump“ in strategischen Sektoren eingesetzt werden soll. Die Mittel sollen unter anderem in kritische Mineralien, Pharmazeutika, Computerchips und den Schiffbau fließen. Das Abkommen werde alle drei Monate evaluiert. „Und wenn der Präsident unzufrieden ist, werden wir zu den 25-%igen Zöllen zurückkehren“, sagte Finanzminister Scott Bessent. „Was auch immer Donald Trump bauen will, die Japaner werden es für ihn finanzieren“, erklärte Handelsminister Howard Lutnick am Donnerstag. „Ziemlich erstaunlich.“

Kein rechtsverbindlicher Vertrag

Doch Japan denkt gar nicht an ein rechtsverbindliches Handelsabkommen. Nur eine schriftliche gemeinsame Erklärung sei notwendig, um Differenzen zu vermeiden, meinte Unterhändler Akazawa. Ein Vertreter des Weißen Hauses bestätigte gegenüber der Agentur Reuters, die Bedingungen für den Investitionsfonds würden noch ausgehandelt. Akazawa bestritt, dass die vierteljährliche Überprüfung jemals Gegenstand der Verhandlungen war und forderte Trump auf, als Erstes eine präsidentielle Verfügung über die neue Zollrate zu unterzeichnen.

Takahide Kiuchi, Chefökonom am Nomura-Forschungsinstitut, betrachtet die Investitionszusage nicht als verbindliche Verpflichtung. „In Wirklichkeit sehen viele japanische Unternehmen das Geschäftsumfeld in den USA aufgrund von Zöllen und anderen Faktoren wahrscheinlich als verschlechtert an“, erklärte Kiuchi. „Wenn überhaupt, könnte sich der Trend zur Diversifizierung der Investitionen weg von den USA verstärken.“