Jobmarkt schlägt sich tapfer

BA-Chef optimistisch - Kurzarbeit mündet nicht in Arbeitslosigkeit - Ifo-Beschäftigungsbarometer sinkt

Jobmarkt schlägt sich tapfer

Der deutsche Arbeitsmarkt kommt gut durch die Coronakrise. Der Chef der Bundesarbeitsagentur, Detlef Scheele, zeigt sich trotz des aktuellen Infektionsgeschehens optimistisch. Die Unternehmen zeigen sich allerdings verhaltener bei Neueinstellungen als noch im November. Von Anna Steiner, FrankfurtEs war ein verrücktes Jahr für den deutschen Arbeitsmarkt. Nachdem jahrelang immer neue Rekordbeschäftigungszahlen veröffentlicht werden konnten, sorgte die Corona-Pandemie im Frühjahr für einen Einbruch. Aus Detlef Scheele, der bis dato bei der Leitung der Bundesagentur für Arbeit (BA) den Umständen entsprechend blass geblieben war, wurde ein Krisenmanager. Die BA musste ihre riesigen Rücklagen auflösen, um Millionen von Arbeitnehmern finanzielle Unterstützung zu bieten, und die Arbeitslosigkeit stieg. Trotz der aktuell schwierigen finanziellen Lage will die Bundesagentur schon 2022 wieder schuldenfrei sein.Sorgen bereitet Scheele die Situation der jungen Menschen in Ausbildung und der Berufsanfänger. Deutschland seit zwar “mit einem blauen Auge davongekommen”, sagte er im Interview der Börsen-Zeitung (vgl. BZ vom 27. November). Doch der Fachkräftemangel sei nach der Pandemie immer noch da, “und kann sich zu einer immer schlimmeren Wachstumsbremse entwickeln”, so Scheele.Die Kurzarbeit hat sich trotz einiger kritischer Entwicklungen und der immens hohen Kosten, die das Budget der BA und des Bundeshaushalts belasten, bewährt. Das bestätigte BA-Chef Detlef Scheele am Mittwoch im Gespräch mit dpa-afx. “Wir sehen, dass Kurzarbeit wieder in Beschäftigung mündet, nicht in Arbeitslosigkeit”, sagte er. “Die Kurzarbeit geht zurück, die Arbeitslosigkeit auch.”Kritiker, darunter Experten der Boston Consulting Group, hatten moniert, die im großen Stil angewandte Kurzarbeit in Deutschland führe dazu, dass notwendige Transformationsprozesse in der Industrie nicht oder verspätet stattfänden. Unter anderem war von “Zombieunternehmen” die Rede, die nur durch die Übernahme von Löhnen durch den Staat via Kurzarbeit über Wasser gehalten würden. Die Gefahr wird durch Anpassungen der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen verschärft, die bis 30. September ausgesetzt war und bis 31. Januar nur bedingt gilt.”Ein strukturelles Problem sehen wir nicht”, sagte Scheele. Gleichwohl könne es “gelegentliche Mitnahmeeffekte” geben. Dies lasse sich mit den Mitteln der Bundesagentur auch nicht völlig ausschließen. In der Güterabwägung zwischen dem Verlust von Arbeitsplätzen und wenigen Mitnahmeeffekten sei er allerdings dafür, den Arbeitsplatzverlust zu minimieren. “Wenn wir die Kurzarbeit nicht hätten, dann würde das Land anders aussehen”, sagte der BA-Chef.Ein Vergleich mit anderen Ländern im Euroraum und den USA gibt dem Behördenchef Recht. In der Europäischen Union steht Deutschland mit der für EU-Zwecke berechneten Arbeitslosenquote von 4,5 % im Oktober (aktuellster Wert) deutlich besser da als die Mehrheit der Mitgliedstaaten. Die höchste Arbeitslosigkeit verzeichnen Griechenland und Spanien. Hier erreicht die Erwerbslosenquote den zweistelligen Prozentbereich.Besonders hart getroffen sind auch Arbeitnehmer in den USA. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge wurden durch die Coronakrise etwa 10 Millionen Arbeitsplätze dauerhaft vernichtet. Im Vergleich zur Zeit vor Corona hat sich die Zahl der Neuanträge auf Arbeitslosenhilfe in dem Land gut vervierfacht. Weniger Personal gesuchtAllerdings ist angesichts des zweiten harten Lockdowns, der Mitte dieses Monats in Kraft trat, damit zu rechnen, dass auch in Deutschland die Zahl der Erwerbslosen wieder steigt. Den nächsten Arbeitsmarktbericht veröffentlicht die BA Anfang des kommenden Jahres. Anzeichen für eine negative Entwicklung zeigt das Ifo-Beschäftigungsbarometer. Dieses verlor im Dezember 1,2 Punkte und liegt nun bei 95,5 Punkten. Die deutschen Unternehmen halten sich demnach bei Neueinstellungen weiterhin zurück. Die Folgen des aktuellen Lockdowns werden aufgrund des frühen Stichtags noch nicht widergespiegelt. Insbesondere die Dienstleister, die vom Lockdown schon im November stark betroffen waren, ziehen das Barometer nach unten. “Die Dienstleister strichen ihre Einstellungspläne zusammen”, teilten die Wirtschaftsforscher mit. In der Industrie ist der Wert zwar gestiegen, jedoch ist weiter keine Zunahme der Mitarbeiterzahl zu erwarten. Das Gleiche gilt im Handel: Auch hier ist der Wert leicht gestiegen. Auf der Suche nach neuen Mitarbeitern sind zudem die IT-Dienstleister und die Baubranche – allerdings weniger intensiv als noch im November.