Kabinett gibt Unternehmen und Bürgern mehr Zeit
wf Berlin
Mit einem neuen Steuergesetz will die Bundesregierung die wirtschaftlichen Auswirkungen durch die Corona-Pandemie so gut wie möglich abmildern. „Das ist eine starke Entlastung für Bürgerinnen und Bürger und für die Betriebe“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im Bundestag. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch in Berlin seinen Regierungsentwurf eines vierten Corona-Steuerhilfegesetzes. „Wir unterstützen die Betriebe, indem wir die degressive Abschreibung verlängern sowie die steuerlichen Investitionsfristen und die Möglichkeiten der Verlustverrechnung verbessern“, erläuterte Lindner den Entwurf. „Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Erholung und zur Stärkung der Konjunktur.“ Kritik an dem Vorhaben kam von der Opposition.
Im Einzelnen wird die Steuerfreiheit von Zuschüssen zum Kurzarbeitergeld um sechs Monate bis Ende Juni 2022 und die bestehende Regelung zur Homeoffice-Pauschale um ein weiteres Jahr bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Auch die erweiterte Verlustverrechnung wird verlängert – bis Ende 2023. Für 2022 und 2023 steigt der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf 10 Mill. Euro bzw. auf 20 Mill. Euro bei Zusammenveranlagung. Der Verlustrücktrag wird darüber hinaus von 2022 an dauerhaft auf zwei Jahre ausgeweitet und erfolgt in die unmittelbar vorangegangenen beiden Jahre, teilte das Bundesfinanzministerium mit. Wer die für 2022 geplanten Investitionen wegen der Corona-Pandemie erst 2023 nachholen kann, darf dies steuerbegünstigt machen. Die Frist für die Abzugsbeträge wird dafür um ein weiteres Jahr verlängert. Dies gilt auch für Reinvestitionen, um die Liquidität von Unternehmen zu erhalten. Auch Steuererklärungen dürfen wegen der Pandemie später abgegeben werden.
Um ein Jahr gestreckt wird auch die Möglichkeit für degressive Abschreibungen auf bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Dies soll eine schnellere Refinanzierung ermöglichen. Dem Entwurf zufolge verursacht dies mehr als die Hälfte der Steuerausfälle, die sich in der vollen Jahreswirkung auf 2,6 Mrd. Euro summieren.
Steuerausgleich für Inflation
Für die Unionsfraktion im Bundestag kommt der Entwurf zu spät und reicht nicht weit genug. Die Bundesregierung solle das Gesetzgebungsverfahren nutzen, um schnellstmöglich die Einkommensteuer an die unerwartet hohe Inflation anzupassen und damit die kalte Progression auszugleichen, verlangte die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Antje Tillmann, und der Berichterstatter, Fritz Güntzler. Der nächste Bericht zur Steuerprogression müsse schon in Sommer vorgelegt werden, verlangten sie. Lindner kündigten den Bericht in einer Regierungsbefragung im Bundestag für den Herbst an. Er will über den Steuertarif und den Grundfreibetrag die Bürger entlasten.
Den Bericht legt die Bundesregierung turnusgemäß alle zwei Jahre vor, um zu überprüfen, wie stark Preissteigerungen die Steuerpflichtigen in höhere Progressionsstufen treiben. Ein „Tarif auf Rädern“, wie er vielfach aus der Wissenschaft gefordert wird, hat zwar Lindners Sympathie. Er hält dies jedoch für nicht mehrheitsfähig. Mit einer solchen Lösung würde der Tarif automatisch an die Inflation angepasst. Christian Görke, finanzpolitischer Sprecher der Linken, monierte eine verteilungspolitische Schieflage im Steuerhilfegesetz: Von den 2,6 Mrd. Euro Entlastung entfielen allein rund 1,6 Mrd. Euro auf Unternehmen. Auf Forderungen nach einer höheren Pendlerpauschale wegen gestiegener Spritpreise reagierte Lindner mit einem Aufruf an die Bundesländer, ihren Teil der Steuerausfälle zu schultern.