Konjunkturzuversicht kommt zurück

Prognoserevisionen für 2020 und 2021 zeigen "hauchdünne Verbesserung" für Euro-Wirtschaft

Konjunkturzuversicht kommt zurück

Trotz rasant steigender Infektionszahlen in den Ländern des Euroraums blicken Experten erneut etwas optimistischer auf die Konjunktur. Wie das neue Konjunkturtableau von ZEW und Börsen-Zeitung zeigt, haben sie ihre Prognosen für das laufende Jahr leicht nach oben geschraubt.Die Auguren haben die Punktprognosen für das Euro-BIP für das laufende Jahr von zuvor -8,5 % auf nun -8,0 % nach oben geschraubt. Da sie den coronabedingten Absturz etwas weniger ausgeprägt als zuvor erwarten, wird die Aufholbewegung im folgenden Jahr nach ihrem Dafürhalten ebenfalls etwas geringer ausfallen: Für 2021 steht im Tableau nun ein Wachstum von 5,3 % statt zuvor +5,7 %.Unverändert geblieben ist im aktuellen Zahlenwerk die Einschätzung, dass sich die deutsche Wirtschaft weit besser als das Euro-Gebiet entwickeln wird: Ende 2021 dürfte nach diesen Vorhersagen das reale BIP noch 1,3 Prozentpunkte unter dem Wert von Ende 2019 liegen. Während der Rückgang in diesem Jahr mit -5,5 (zuvor: -6,0) % etwas geringer als im vergangenen Monat geschätzt wird, wird auch der Zuwachs für 2021 mit 4,5 (5,0) % etwas niedriger prognostiziert. Unter dem Strich, so Schröder, ist das für die beiden Jahre insgesamt erwartete Wachstum “damit praktisch gleich geblieben”.Auch wenn die Industrie in den 19 Ländern des gemeinsamen Währungsraums kontinuierlich aufholt, bleiben die Produktionskapazitäten unterdurchschnittlich ausgelastet. Bis Ende 2021 wird sich gemessen an den Prognosen wohl nichts daran ändern und dies wird auch von den nach wie vor niedrigen Inflationsprognosen reflektiert, schreibt Schröder. Den nationalen Statistikämtern zufolge hat die Industrie Frankreichs und Italiens im August spürbar aufgeholt: In Italien waren es im Monatsvergleich +7,7 %, in Frankreich +1,3 %. Die erwartete Jahresteuerungsrate von 0,4 % für das laufende Jahr liegt nur knapp über der Nulllinie. Und auch im kommenden Jahr bleibt die Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) von knapp 2 % deutlich außer Reichweite: Vorausgesagt wird im Median ein Anstieg der Verbraucherpreise um 1 %. “Sowohl mit Blick auf die Kapazitätsauslastung als auch im direkten Vergleich von Zielmarke und erwarteter Preissteigerung gibt es für die EZB bis Ende 2021 keinen Grund, von der ultralockeren Geldpolitik abzugehen”, betonte Schröder. Das am Donnerstag veröffentlichte Protokoll der Sitzung des EZB-Rats von Mitte September zeugt von den zahlreichen Bedenken wegen der niedrigen Inflation. Hier “gelte es, sich nicht mit dem Erreichten zufriedenzugeben”. Da Stimmungsindikatoren und harte Daten eine deutliche Verlangsamung der wirtschaftlichen Erholung anzeigen, steigt bei Beobachtern gar die Erwartung, dass die EZB nachlegt, um der Konjunktur auf die Sprünge zu helfen – etwa indem sie ihr Pandemie-Notfallkaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) im Volumen von derzeit 1,35 Bill. Euro nochmals ausweitet.Zudem wird befürchtet, dass mit dem kompletten Auslaufen der ausgesetzten Insolvenzantragspflicht die Zahl der Unternehmensinsolvenzen und damit einhergehend auch die Kreditausfälle im bevorstehenden Winter zunehmen werden, was zu einer stärkeren Belastung des Finanzsektors führen kann. “Entsprechend liegen die Prognosen der kurzfristigen und der langfristigen Zinsen für das Euro-Gebiet bis Ende 2021 im negativen Bereich”, erläutert Schröder. Skepsis bei WeltwirtschaftEin weiteres Ergebnis des aktuellen Konjunkturtableaus ist die nachlassende Zuversicht auf eine kräftige Aufwärtsdynamik der Weltwirtschaft. So sind die Rohölpreise (Brent Oil) von ihrem letzten Hochpunkt von 68 Dollar (Ende Dezember 2019) wegen der Coronakrise zunächst auf ca. 22 Dollar Ende April abgestürzt. Bis Ende August kam es zu einer starken Erholung bis auf 45 Dollar. Seitdem sind sie jedoch wieder um mehr als 5 % auf ungefähr 42 Dollar zurückgegangen. “Der damit noch bestehende Abstand von mehr als einem Drittel zum Wert von Ende Dezember zeigt, dass eine schnelle und komplette weltwirtschaftliche Erholung von den Marktakteuren noch nicht erwartet wird”, folgert Schröder.