Handels- und Technologierat

Krieg bringt die EU und die USA wieder enger zusammen

Im gemeinsamen Handels- und Technologierat haben die EU und die USA zahlreiche Kooperationen beschlossen – unter anderem im Halbleiterbereich. Der Krieg in der Ukraine sorgt für einen neuen transatlantischen Schulterschluss.

Krieg bringt die EU und die USA wieder enger zusammen

ahe Brüssel

Der Krieg in der Ukraine sorgt für einen neuen transatlantischen Schulterschluss. Die EU und die USA vereinbarten auf der zweiten Ministertagung des 2021 ins Leben gerufenen Handels- und Technologierates (TTC) eine stärkere Koordinierung sowohl im Umgang mit Russland als auch in zahlreichen wirtschaftlich-strategischen Fragen. EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis sagte nach den zweitägigen Gesprächen in Paris, beide Seiten arbeiteten eng zusammen, um die Lieferketten zu sichern und die weltweite Ernährungssicherheit zu steigern.

„Wir werden unsere beispiellose transatlantische Koordinierung der Ausfuhrkontrollen gegen Russland fortsetzen, um unser Vorgehen in diesem wichtigen Bereich noch weiter anzugleichen. Gleichzeitig werden wir den Handel mit der Ukraine ankurbeln“, betonte Dombrovskis. Auf der gemeinsamen Agenda steht zudem die Förderung eines grünen Handels, etwa durch eine umweltorientierte Vergabe öffentlicher Aufträge. Bei den Ausfuhrkontrollen geht es um hochmoderne Technologien in der Luft- und Raumfahrt und der Cyberüberwachung. Diese Kontrollen sollen Russland im industriellen und militärischen Bereich treffen, um dessen Fähigkeiten zu schwächen.

Beide Seiten verständigten sich in Paris zugleich darauf, ein gemeinsames Frühwarn- und Überwachungssystem für Halbleiter-Wertschöpfungsketten aufzubauen, um etwas gegen Lieferunterbrechungen zu tun. Außerdem soll ein Informationsaustausch stattfinden, um einen Subventionswettlauf im Bereich der Mikrochipproduktion zu verhindern.

Der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), begrüßte die Einigung im Grundsatz. Dies werde sicherlich dazu beitragen, einen Subventionswettlauf zu vermeiden und komplementäre Ansätze zu entwickeln. Zugleich warnte Lange vor einer Rückkehr zu merkantilistischer Politik, mit der jede Seite versuche, alles im eigenen Land oder Länderverband zu produzieren. „Das ist nicht nur unrealistisch, sondern auch nicht im Interesse der EU, da wir in hohem Maße auf offenen und fairen Handel angewiesen sind“, so Lange.

Die EU und die USA vereinbarten auf jeden Fall eine besondere Taskforce für die öffentliche Finanzierung sicherer und resilienter digitaler In­frastrukturen in Drittländern. Die Taskforce soll auch den Weg für eine gemeinsame öffentliche Finanzierung von Digitalprojekten ebnen.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bezeichnete es als erfreulich, dass die EU und die USA nicht zuletzt angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine so eng zusammenarbeiteten wie seit Jahrzehnten nicht mehr, etwa in der gemeinsamen Sanktionspolitik. BDI-Präsident Siegfried Russwurm verwies zugleich darauf, dass auch mit der angekündigten engeren Zusammenarbeit im Bereich Standardisierung die transatlantischen Partner ihre Resilienz gegenüber systemischen Wettbewerbern deutlich erhöhen würden.