Sondervermögen

Kritik an Berliner Haushaltsgebaren schwillt an

Trotz der im Grundgesetz verlangten Zusätzlichkeit der Investitionen, scheint die Bundesregierung das Sondervermögen mittelbar zur Finanzierung von Sozialausgaben herzunehmen.

Kritik an Berliner Haushaltsgebaren schwillt an

Sondervermögen

Kritik an Berliner Haushaltsgebaren

lz Frankfurt

Der Umgang der schwarz-roten Regierungskoalition mit dem vom Bundestag eingeräumten Sondervermögen für Investitionen über 500 Mrd. Euro ruft immer mehr Kritiker auf den Plan. Bereits bei der Verabschiedung des Pakets warnte etwa Ifo-Präsident Clemens Fuest vor einem „Etikettenschwindel“ und „Verschiebebahnhof“ – trotz der im Bundestag von der Fraktion der Grünen eingebrachte Verpflichtung, dass die durch das Sondervermögen finanzierten Investitionen „zusätzlich“ sein sollen. Hierfür wurde sogar der Grundgesetz-Artikel 143h geschärft und darin explizit gefordert, dass Kredite nur für „zusätzliche Investitionen“ aufgenommen werden dürfen.

Nun hat das Ifo-Institut in einer Budgetanalyse konkret nachgewiesen, dass die Bundesregierung tatsächlich Investitionen zugunsten von eher konsumtiven Ausgaben aus dem Kernhaushalt herausnimmt, um sie in das Sondervermögen zu packen. „Ursprünglich war vorgesehen, dass Ausgaben aus dem schuldenfinanzierten Sondervermögen zusätzlich zu den Investitionen im regulären Bundeshaushalt geplant werden. Das passiert aber nicht“, rügte Ifo-Forscherin Emilie Höslinger.

Verlagerung in das Sondervermögen

Tatsächlich verlagere die Bundesregierung Infrastruktur- und Digitalisierungsprojekte ins schuldenfinanzierte Sondervermögen und erhöhe stattdessen die Sozialausgaben im Kernhaushalt. Die Grünen zeigen sich fassungslos ob der Dreistigkeit des Regierungshandelns: „Wir sehen Verschiebebahnhöfe und Buchungstricks“, sagte der Grünen-Chefhaushälter Sebastian Schäfer.

Eigentlich hatte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sogar einen eigenen Beirat einberufen, um die Umsetzung des Sondervermögens zu begleiten. „Wir werden einen Blick darauf haben, dass das Geld wirklich für Wachstum, Innovationen und Stabilität sorgt – und nicht verwendet wird, um irgendwelche Haushaltspositionen zu schließen“, versprach Anfang September der Beiratsvorsitzende Harald Christ.

Noch im August hatte auch der Bundesrechnungshof „genaue Zielvorgaben“ zur Mittelverwendung gefordert. Wie die Gelder eingesetzt würden, komme entscheidende Bedeutung zu, heißt es in einer Stellungnahme für den Haushaltsausschuss des Bundestags. „Allein mehr Mittel werden diese Probleme aber nicht lösen.“ Die Gelder dürften nur für Sachinvestitionen zur Verfügung stehen. Hierzu bedarf es aber klarer Vorgaben.


Interview mit Verhaltens- und Finanzökonom Thomas Döring