EU-China-Gipfel

Kühler Austausch beim EU-China-Gipfel

Im spannungsgeladenen Verhältnis zwischen China und dem EU-Block scheint der erste EU-China-Gipfel seit vier Jahren zunächst wenig neue Akzente zu setzen. China will nicht als strategischer Rivale abgestempelt werden. Die EU dringt auf den Abbau von Handelsungleichgewichten.

Kühler Austausch beim EU-China-Gipfel

Kühler Austausch beim EU-China-Gipfel

Bekräftigung von Kooperationsinteresse ohne Annäherung von Standpunkten – Chinas Präsident warnt vor Rivalitätsgedanken  

Im spannungsgeladenen Verhältnis zwischen China und dem EU-Block scheint der erste EU-China-Gipfel seit vier Jahren zunächst wenig neue Akzente zu setzen. China verwahrt sich dagegen, als strategischer Rivale abgestempelt zu werden. Seitens der EU dringt man auf den Abbau von Handelsungleichgewichten.

nh Schanghai

Chinas Staatspräsident Xi Jinping und die EU-Spitzenvertreter Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie Ratspräsident Charles Michel haben bei ihrem Treffen in Peking wenig Signale verspüren lassen, dass die EU und China bei entscheidenden Konfliktthemen auf eine sachliche und atmosphärische Annäherung hinsteuern.

Abgeschwächtes Protokoll

Xi ließ seine Gäste aus Europa für eine Unterredung am Donnerstagmorgen nicht wie bei hochrangigen Anlässen üblich in der Großen Halle des Volkes in Peking, sondern im Staatsgästehaus Diayutai empfangen. Damit setzte er einen von Schlichtheit geprägten protokollarischen Akzent. Aus den Botschaften, die nach der Unterredung getrennt verkündet wurden, ließen sich über höfliche Respektbekundungen hinaus wenig Ansätze für einen Abbau von Spannungen erkennen.

In den Verlautbarungen Xis, die Chinas Staatsmedien kolportierten, heißt es an erster Stelle, dass sich China und Europa nicht als Rivalen bezeichnen und ansehen sollten. Er warnte davor, wegen der unterschiedlichen politischen Systeme auf Konfrontationskurs zu gehen. Damit stellte der chinesische Präsident auf eine neue Linie der EU ab, die in Peking für Verärgerung sorgt: Brüssel bezeichnet das Verhältnis zu China nicht wie in früheren Jahren als umfassende strategische Partnerschaft, sondern auch als Konkurrenzbeziehung und strategische Rivalität.

Reizwort "Derisking"

Die Charakterisierung steht im Zusammenhang mit den Bemühungen der EU-Kommission, dass europäische Unternehmen auf eine Diversifizierung und Absicherung in ihren Lieferkettenbeziehungen hinarbeiten, um die Risiken einseitiger Abhängigkeiten von China zu reduzieren. Das sogenannte „Derisking“ ist angesichts eines beginnenden Abschwungs bei den ausländischen Direktinvestitionen nach China bei allgemein heikler Konjunktursituation im Reich der Mitte zu einem Reizwort für Peking geworden.

Von der Leyen beschrieb die Gespräche mit Xi am Donnerstag als „gut und offen“ und wählte damit eine sehr neutrale diplomatische Standardformulierung. Man habe sich über Herausforderungen in einer Welt mit wachsenden geopolitischen Friktionen ausgetauscht und das „gemeinsame Interesse an ausgewogenen Handelsbeziehungen“ hervorgehoben. Man spreche dabei mit Peking über das Handelsdefizit der EU von knapp 400 Mrd. Euro gegenüber China. Von der Leyen betonte, dass es klare Ungleichgewichte gebe, die angegangen werden müssten, und hob dabei auch auf die Ungleichbehandlung und Geschäftshindernisse für EU-Unternehmen in China ab.

In Sachen geopolitische Spannungen fiel eine eher kryptische Bemerkung von Präsident Xi auf. Er sprach von Stärkung des gegenseitigen Vertrauens und rief dazu auf, alle Arten von äußerer Einmischung in das Verhältnis zwischen China und Europa zu eliminieren. Die Sentenz gilt als Seitenhieb auf Washington und die Bemühungen der US-Regierung, bei ihrer Sanktionspolitik mit Exportrestriktionen für hochwertige Chiptechnologie auch europäische Firmen wie den niederländischen Chiptechnikausrüster ASML mit einzubinden.

E-Autos nur indirekt angesprochen

Das Reizthema des EU-Untersuchungsverfahren zu Subventionspraktiken für chinesische Elektroautobauer, aus dem Strafzölle für E-Auto-Exporte nach Europa resultieren könnten, wurde von Xi nicht direkt angesprochen. Premierminister Li Qiang, der sich mit von der Leyen und Michel getroffen hatte, warnte allerdings vor einer Politisierung von Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, die gegen marktwirtschaftliche Basisnormen verstoße. “Wir hoffen, dass die EU vorsichtig bei der Erwägung von restriktiven Handelspraktiken vorgeht und ihre Märkte offen hält“, wurde Li vom chinesischen Staatsfernsehen zitiert.

Zuvor hatte ein Sprecher des Handelsministeriums beim wöchentlichen Briefing der Behörde deutliche Worte zu dem Thema gefunden. Das EU-Verfahren führe zu einer gravierenden Disruption und Verzerrung der globalen Autoindustrie-Lieferkette und werde negative Auswirkungen auf die bilateralen Handelsbeziehungen zwischen China und der EU haben.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.