Lebenshaltungskosten gehen zurück
Die drastisch gesunkenen Energiepreise haben die Preisentwicklung in Deutschland in den Deflationsbereich gedrückt. Ökonomen rechnen damit, dass dies trotz steigender Löhne und gut laufender Konjunktur einige Monate so bleiben wird.lz Frankfurt – Erstmals seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 sind die Verbraucherpreise im Jahresvergleich in Deutschland rückläufig. Nach nationaler Abgrenzung des Warenkorbs betrug die Jahresinflationsrate nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Januar minus 0,3 %. In Berechnungen nach europäisch harmonisierten Standards gingen die Preise sogar um 0,5 % zurück.Den größten Vorstoß in negatives Territorium machte die nationale Teuerungsrate damals mit minus 0,5 % im Juli, und in europäischer Abgrenzung im gleichen Monat mit minus 0,7 %. Allerdings war die deutsche Wirtschaft seinerzeit eingebrochen, während sie aktuell recht gut dasteht. Erst in dieser Woche hatte die Bundesregierung ihre Wachstumsprognose für 2015 von 1,3 auf 1,5 % nach oben korrigiert – auch, weil die günstige Energie wie ein Konjunkturprogramm für Verbraucher und Unternehmen wirkt.”Der Rückgang der Inflation kann nahezu vollständig auf die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrung zurückgeführt werden. Dadurch sparen die privaten Haushalte Geld. Das sollte den Konsum zusätzlich befeuern”, meint auch Christian Schulz von der Berenberg Bank. Verbraucher mussten für Haushaltsenergie und Kraftstoffe rund 9 % weniger bezahlen als vor einem Jahr. “Mehr und mehr werden die niedrigeren Preise für Rohöl, die sich seit Mitte 2014 mehr als halbiert haben, an die Verbraucher weitergegeben”, erklärte Commerzbank-Ökonom Marco Wagner. Aber auch Nahrungsmittel kosteten im Januar 1,3 % weniger als Anfang 2014. Hingegen verteuerten sich Dienstleistungen um 1,2 %. Und die Nettokaltmieten stiegen um 1,3 %. Ohne Berücksichtigung von Nahrungsmitteln und Energie hätten die Verbraucherpreise im Januar um 1,1 % höher als im Vorjahresmonat gelegen (Kernrate). Experten erwarten, dass die Preise noch länger fallen und dann allmählich wieder steigen werden.Im Euroraum waren die Preise bereits im Dezember 2014 erstmals seit 2009 wieder gesunken. Die Inflationsrate betrug minus 0,2 %. Im Januar dürften die Preise noch weiter gefallen sein. Die erste Schätzung wird heute von Eurostat veröffentlicht. Die Commerzbank erwartet ein Preisminus von 0,6 %. Die Europäische Zentralbank strebt eine Rate von knapp unter 2 % an, bei der sie Preisstabilität gewahrt sieht.”In Deutschland sollte die anziehende Konjunktur dazu führen, dass die Inflationsrate trotz des dämpfenden Ölpreiseffektes im Sommerhalbjahr wieder den positiven Bereich erreicht”, sagte Stefan Kipar von der BayernLB. Eine Deflation, also eine gefährliche Spirale aus fallenden Preisen auf breiter Front, sehen die meisten Experten nicht. Wagner rechnet aber damit, dass die EZB die Minusraten hernehmen könnte, um das monatliche Kaufvolumen von Staatsanleihen zu erhöhen.