Lohnwachstum zementiert längere Zinspause der EZB
Lohnwachstum zementiert längere Zinspause der EZB
Starker Anstieg im zweiten Quartal
mpi Frankfurt
Eine deutliche Zunahme des Lohnwachstums in der Eurozone mahnt die EZB zur Vorsicht mit weiteren Zinssenkungen. Wie aus dem Lohnindikator der Notenbank (Wage Tracker) hervorgeht, sind die Tariflöhne im zweiten Quartal um 4,0% gestiegen. Das ist deutlich mehr als zum Jahresauftakt. In den ersten drei Monaten des Jahres hatte sich das Lohnwachstum auf 2,5% verlangsamt.
Im vergangenen Jahr hatte es Anstiege der Tariflöhne um zeitweise 5,4% gegeben. Seit längerem hat die EZB ein besonderes Augenmerk auf der Dienstleistungsinflation. In diesem Bereich ist die Teuerung deutlich überdurchschnittlich, wobei sie zuletzt zumindest etwas nachgelassen hat. Im arbeitsintensiven Dienstleistungssektor sind die Lohnkosten ein größerer Faktor als in der Industrie, wo beispielsweise die Energiekosten ein größeres Gewicht bei der Inflation haben.
Neue Prognosen im September
An den Finanzmärkten wird für die Zinssitzung im September mit einer Verlängerung der Zinspause gerechnet. Zuletzt hatte es von Notenbankern wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde entsprechende Signale gegeben, auch wenn sich die Notenbank nicht vorab auf einen bestimmten Kurs festlegt.

Anleger und Ökonomen sind sich uneins, ob die EZB bis zum Jahresende noch eine abschließende Zinssenkung um 25 Basispunkte verkündet oder der vorläufige Tiefpunkt bei den Leitzinsen bereits erreicht ist. Eine weitere Lockerung dürfte es nur dann geben, wenn die EZB mittelfristig weniger Inflation erwartet als zuletzt – etwa wegen der US-Zölle.
Marco Wagner, Ökonom bei der Commerzbank, rechnet mit dem Gegenteil. Er erwartet, dass die EZB im September ihre Inflationsprognose unter anderem wegen höherer Rohstoffpreise leicht nach oben anpassen wird. Auch beim Wirtschaftswachstum hält Wagner eine Korrektur nach oben für wahrscheinlich. Sollte es so kommen, würde dies die Einschätzung der Commerzbank „untermauern, dass die EZB auf absehbare Zeit die Leitzinsen nicht verändern wird.“