Frankreich nach der Wahl

Macron auf Partnersuche

Die Regierung von Macron braucht nach dem Verlust der absoluten Mehrheit in der Nationalversammlung Partner, um ihre Projekte durchzusetzen. Die Oppositionsparteien wollen jedoch keine grundsätzliche Koalition eingehen.

Macron auf Partnersuche

wü Paris

Mehrere Tage nach der zweiten Runde der Parlamentswahlen in Frankreich ist noch immer unklar, wie es für die Regierung von Präsident Emmanuel Macron weitergehen wird. Nachdem sie die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung verloren hat, ist sie bei der Durchsetzung von Gesetzesvorhaben auf die Unterstützung von anderen Lagern angewiesen. Während ein für Dienstag geplanter Ministerrat an­nulliert wurde, hat Macron mit der Suche nach möglichen Bündnispartnern für die Regierungsallianz be­gonnen und die Chefs aller Oppositionsparteien getroffen.

Allerdings hat er sich dabei nur Abfuhren eingehandelt. Die Oppositionsparteien haben zwar durchklingen lassen, eventuell bereit zu sein, über bestimmte Reformprojekte zu verhandeln. Sie weigern sich jedoch, dem gesamten Programm Macrons ihre Unterstützung auszusprechen. Seine Partei werde weder einen Pakt noch eine Koalition eingehen, sagte Christian Jacob, der Chef der konservativen Republikaner. Ihnen sei jedoch auch nicht daran gelegen, die Institutionen zu blockieren. Die Republikaner haben bei den Wahlen Sonntag 61 der 577 Sitze bekommen. „Ich bin doch kein Deutscher, wir haben ein anderes politisches System“, hatte er dem Radiosender „France Inter“ zuvor gesagt. Im Gegensatz zur Bundesrepublik sind Koalitionen in Frankreich bisher nicht üblich.

Es sei an Macron, Vorschläge zu machen, erklärte Sozialisten-Chef Olivier Faure. Seine Partei stehe bereit, um einige Themen wie etwa die Stärkung der Kaufkraft voranzutreiben. Die Sozialisten hatten sich für die Wahlen dem Linksbündnis Nupes (Nouvelle Union Écologique et Sociale) von Jean-Luc Mélenchon von La France Insoumise (LFI)angeschlossen, genau wie die Grünen und die Kommunisten. Allerdings haben die drei Parteien den Vorschlag des LFI-Chefs abgelehnt, in der Nationalversammlung eine Oppositionsgruppe zu bilden.

Mélenchon forderte Dienstag er­neut, Regierungschefin Élisabeth Borne solle sich einem Misstrauensvotum stellen. Sie hatte – wie es in Frankreich nach Wahlen üblich ist – ihren Rücktritt eingereicht. Macron lehnte diesen jedoch ab, damit die Regierung handlungsfähig bleibe, so der Élysée-Palast. Borne will nach Angaben der Regierungssprecherin nächste Woche ihrerseits die Chefs der Oppositionsparteien treffen.

Wettstreit um Posten

Währenddessen hat der frühere Finanzminister Éric Woerth mitgeteilt, er kandidiere für den Vorsitz der Nationalversammlung. Er hat bisher die einflussreiche Finanzkommission geleitet. Der frühere Abgeordnete der Republikaner hatte sich während des Präsidentschaftswahlkampfs im Frühjahr der Partei von Macron an­geschlossen.

Sowohl die linkspopulistische LFI als auch der rechtsextreme Rassemblement National von Marine Le Pen beanspruchen nun den Vorsitz der Finanzkommission für sich. Die Frage, wer diese Position bekommt, ist sehr heikel, da der Vorsitz der Finanzkommission Zugang zu vielen vertraulichen Informationen ge­währt, darunter auch zu den Steuerzahlungen von Unternehmen.