Neue Notlage unwahrscheinlicher
Etatlage 2024 entspannt sich leicht
FDP hält Aussetzen der Schuldenbremse für unnötig – Bund gab 2023 weniger aus als erlaubt
wf Berlin
Die Schuldenbremse dürfte in diesem Jahr nach einer Expertenanhörung im Bundestag und dem Ergebnis des Bundeshaushalts für 2023 kein weiteres Mal ausgesetzt werden. FDP-Fraktionschef Christian Dürr hält einen Notlagenbeschluss wegen der Hochwasserfolgen nach der abschließenden Rechnung des Bundesfinanzministeriums für unnötig. „Die Fluthilfen können regulär aus dem Bundeshaushalt finanziert werden“, sagte Dürr der Nachrichtenagentur dpa.
Die Bundesregierung hatte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse den Etatentwurf 2024 überarbeitet und ein Loch von 17 Mrd. Euro gestopft. Die Schuldenbremse soll in diesem Jahr wieder greifen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten sich allerdings vorbehalten, erneut eine Notlage für die Folgen des Ukraine-Krieges und der Flutkatastrophe von 2021 auszurufen, wenn es finanziell eng wird. Geplant sind im Etat 2024 Fluthilfen von 2,7 Mrd. Euro.
Der Bund hat 2023 besser abgeschnitten als erwartet. Nach dpa-Informationen aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums hat der Bund im vergangenen Jahre nicht alle vorgesehenen Haushaltsmittel ausgeschöpft. Ein „einstelliger Milliardenbetrag“ dürfte demnach übrig bleiben. Damit könnte der Aufbauhilfe-Fonds für das Ahrtal ohne weitere Sparmaßnahmen dotiert werden. Mit dem Nachtragshaushalt 2023 waren Ausgaben von 461,21 Mrd. Euro bei einer Nettoneuverschuldung von 27,41 Mrd. Euro vorgesehen.
Experten uneinig
In einer öffentlichen Anhörung des Bundestags-Haushaltsausschusses zeigten sich die Experten am Donnerstag uneinig, ob die Schuldenbremse für den Ukraine-Krieg oder die Ahrtal-Flut in diesem Jahr erneut ausgesetzt werden darf. Für einen Teil der Sachverständigen kann auch ein relativ kleiner Betrag von 2,7 Mrd. Euro oder rund 0,5% des Bundesetats eine „erhebliche Beeinträchtigung der finanziellen Lage“ darstellen – mit der Folge, die Schuldenbremse aussetzen zu können. Andere Wissenschaftler zeigten sich überzeugt, dass die Frage der Erheblichkeit auf den Gesamthaushalt bezogen werden müsse. Einig waren sich die Wissenschaftler nur, dass die verfassungsrechtliche Frage dazu noch nicht abschließend von den Karlsruher Richtern geklärt worden sei.
SPD und Grüne im Bundestag votieren für eine Reform der Schuldenbremse, damit mehr öffentliche Investitionen aus Krediten finanziert werden können. Der Freiburger Ökonom Lars Feld widersprach in der Anhörung dieser Argumentation. „Es lässt sich für Deutschland keinerlei Evidenz finden, dass die Schuldenbremse die Investitionstätigkeit des Gesamtstaates beeinträchtigt hätte“, sagte Feld den Abgeordneten. Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrats für Wirtschaft, sprach sich für eine Korrektur der Schuldenbremse aus, so dass Erweiterungsinvestitionen per Kredit finanziert werden können.