Frankreich

Rennen um Macron-Nachfolge läuft

Der Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich nimmt an Fahrt auf. Der rechtsextreme Éric Zemmour und Valérie Pécresse von den konservativen Republikanern sorgten für die ersten Überraschungen.

Rennen um Macron-Nachfolge läuft

Von Gesche Wüpper, Paris

Es sei wichtig, dass die Institutionen weiter funktionierten, erklärte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Seine Rolle sei momentan, weiter so zu handeln, dass das Volk geschützt werde. Die eigentliche Antwort auf die Frage, ob er bei den Präsidentschaftswahlen im April antreten werde, blieb Macron jedoch schuldig, als er die Pläne Frankreichs für die EU-Ratspräsidentschaft vorstellte. Für weit mehr Aufmerksamkeit als diese Pläne sorgte jedoch die Debatte zwischen dem rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten Éric Zemmour und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire, die kurz danach stattfand.

Sie gab einen kleinen Vorgeschmack auf das, was in diesem Wahlkampf zu erwarten ist. Dieser steht vor allem im Zeichen der Ungewissheit, wie die Kandidatur des wegen Volksverhetzung verurteilten Moderators zeigt. Mit hohen Umfragewerten sorgte Zemmour für die erste Überraschung des Wahlkampfs. Ihm ist es gelungen, die Themenschwerpunkte weiter nach rechts zu verschieben und Marine Le Pen vom rechtsextremen Rassemblement National (RN) vergleichsweise moderat aussehen zu lassen.

Da Zemmour für hohe Aufmerksamkeit sorgt, wollen andere Kandidaten ebenfalls mit ihm debattieren. Damit dürfte der Ton im Wahlkampf deutlich brutaler werden, und die Respektlosigkeit dürfte zunehmen. So verspottete Zemmour Macron als „Pubertierenden in der Selbstfindungsphase“ und Le Maire als „Angestellten der EU-Kommission“.

Viele Unentschiedene

Angesichts der großen Zustimmung, die Le Pen und Zemmour genießen, ist es nicht weiter verwunderlich, dass Einwanderungspolitik, Sicherheit und nationale Identität zu den Themen gehören, die laut Umfragen für die Entscheidung der Wähler am 10. und 24. April mit ausschlaggebend sind. Das mit Abstand wichtigste Thema ist jedoch die Kaufkraft. Obwohl Frankreich gut dasteht mit einer der höchsten Wachstumsraten Europas und einer Arbeitslosenquote, die so niedrig wie seit 15 Jahren nicht mehr ist, bereitet die steigende Inflation den Wählern Sorgen. Alle Kandidaten wissen, wie ernst dieses Thema zu nehmen ist, denn einer der Auslöser der Gelbwesten-Proteste vor drei Jahren waren die hohen Benzinpreise.

Das zweitwichtigste Thema für die Wähler ist die Gesundheitspolitik. Trotz einer vergleichsweise hohen Impfquote droht die fünfte Covid-Welle in Frankreich den Wahlkampf durcheinanderzuwirbeln. Valérie Pécresse, die frisch gekürte Kandidatin der konservativen Republikaner, hat deshalb bereits ein großes Wahlkampfmeeting abgesagt. Die Präsidentin der Region Île-de-France, des Großraums Paris, ist die zweite Überraschung dieses Wahlkampfs. Denn die frühere Bildungs- und Budgetministerin von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy hatte bei den parteiinternen Vorwahlen, an denen sich auch Ex-EU-Binnenkommissar Michel Barnier beteiligte, nicht als Favoritin gegolten, da sie in Meinungsumfragen deutlich hinter dem früheren Arbeitsminister Xavier Bertrand lag. Seit sie als Kandidatin der Republikaner gewählt wurde, hat Pécresse in Umfragen jedoch deutlich zugelegt. Einige sehen sie inzwischen sogar in der Stichwahl vor Macron.

Damit könnte sie dem amtierenden Präsidenten bei den Wahlen gefährlich werden. Denn 2017 hat ein Teil der Wähler für ihn gestimmt, um einen Sieg von Marine Le Pen zu verhindern. Macron soll deshalb darauf spekuliert haben, in der zweiten Runde Le Pen oder Zemmour gegenüberzustehen, da er sich sicher sein soll, dann gewinnen zu können. Kandidaten vom linken Parteispektrum spielen dagegen bisher so gut wie keine Rolle, von Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon von La France Insoumise (Das unbeugsame Frankreich) abgesehen. Obwohl sich bei den Kommunalwahlen im letzten Jahr in mehreren Städten grüne Bürgermeister durchsetzen konnten, profitiert Yannick Jadot bisher nicht davon. Doch all das kann sich noch ändern. Laut einer aktuellen Umfrage hat die Hälfte der französischen Wähler noch nicht entschieden, für welchen Kandidaten sie im April stimmen will.