Robustes Sentiment im Euroraum

Markit: Wirtschaft erstaunlich widerstandskräftig - Stimmung in Deutschland und Frankreich legt zu

Robustes Sentiment im Euroraum

Das Brexit-Votum der Briten hat in der Unternehmensstimmung in der Eurozone kaum Spuren hinterlassen: Deutschland vermeldet das stärkste Wachstum seit Jahresbeginn, in Frankreich stabilisiert sich die Konjunktur.ba Frankfurt – Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone zeigt sich im Juli stabil – ungeachtet des Anschlags in Nizza und der Entscheidung der Briten, aus der EU austreten zu wollen. Einzig die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs sieht sich einer Rezession gegenüber, geht man nach den aktuellen Einkaufsmanagerumfragen in Großbritannien (vgl. nebenstehender Bericht) und dem Euro-Währungsgebiet.Die Eurozone habe “erstaunliche Widerstandskraft bewiesen”, kommentierte Markit-Chefökonom Chris Williamson das Ergebnis der Umfrage unter 5 000 Unternehmen aus der Industrie und dem Dienstleistungssektor. So ist der vorläufige Wert des Industrie- und Dienstleistungsunternehmen umfassenden Einkaufsmanagerindex (PMI) Composite für den Euroraum um 0,2 auf 52,9 Punkte gefallen und liegt damit weiter über der Wachstumsschwelle von 50 Zählern. Der PMI notiert zwar auf dem niedrigsten Stand seit Januar 2015, allerdings hatten Ökonomen mit einem Minus auf 52,5 Punkte gerechnet. Während sich das Barometer für den Dienstleistungssektor minimal eintrübte, gab der Index für das verarbeitende Gewerbe etwas stärker nach. Insgesamt deutet der PMI laut Markit ein Wirtschaftswachstum von 1,5 % für das Gesamtjahr an.Der Blick auf die einzelnen Länder zeigt, dass die PMIs für die beiden größten Volkswirtschaften des gemeinsamen Währungsraums, Deutschland und Frankreich, leicht zulegen konnten, was aber bedeutet, dass sich die Stimmung in den Ländern der Europeripherie deutlich eingetrübt hat. Ökonomen erwarten ein Minus von im Schnitt 1,5 bis 2,5 Punkten. Die endgültigen PMI-Daten, die dann alle Länder beinhalten, werden am 3. August veröffentlicht. Claudia Broyer von der Allianz führt die Rückschläge in den anderen Staaten auf länderspezifische Gründe zurück: Wegen der engeren Exportbeziehungen könnte das Brexit-Votum in den Niederlanden “spürbarer zu Buche schlagen”, in Italien dürfte die Bankenproblematik die Unternehmerstimmung belasten. Im Falle Spaniens vermutet Broyer, dass die auch nach den Neuwahlen unklare Regierungsbildung und staatliche Defizitprobleme auf die Stimmung drücken. Deka-Ökonom Andreas Scheuerle erwartet etwa eine starke Korrektur bei den irischen Indikatoren.In Frankreich stabilisierte sich laut Markit die Konjunktur nach der kleinen Delle im Juni. Während die Dienstleister wieder ein leicht anziehendes Geschäft auswiesen, verlangsamte sich der Rückgang in der Industrie. Auswirkungen des Attentats von Nizza werden sich nach Ansicht von Ökonomen erst in der Umfrage vom kommenden Monat zeigen.In Deutschland machte sich vor allem der starke Rückenwind durch den intakten Arbeitsmarkt und die insgesamt gute Nachfrage bemerkbar – der Composite-PMI weise das stärkste Wirtschaftswachstum seit Ende 2015 aus, sagte Markit-Ökonom Oliver Kolodseike. Im deutschen Dienstleistungssektor stieg die Stimmung unerwartet an, und die leichte Eintrübung in der Industrie zehrte das Plus aus dem Vormonat noch nicht ganz auf. Ein ansteigender Auftragseingang, insbesondere aus dem Ausland, zeige aber, dass die Konjunktur weiter auf Kurs sei, sagt Stefan Kipar von der BayernLB.Ralph Solveen von der Commerzbank mahnt allerdings, dass beim PMI nicht nach Erwartungen, sondern nach harten Fakten gefragt werde – “die kaum schon unter dem Brexit-Votum gelitten haben dürften”. Die Unsicherheit über die künftige Ausgestaltung der Handelsbeziehungen zu Großbritannien laste zwar auf der Unternehmensstimmung im Euroraum, das tägliche Geschäft der Unternehmen leide aber noch nicht, pflichtet Kipar ihm bei. Mit Spannung blicken Ökonomen daher auf das Ifo-Geschäftsklima, das am Montag veröffentlicht wird. Sie erwarten, dass sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartung für künftige Geschäfte schlechter eingeschätzt werden.