Schwierige Gipfel-Gespräche
Meldungen über einen möglichen “Burgfrieden” zwischen den USA und China erhöhen die Erwartungen, dass es beim Treffen der beiden Staatsoberhäupter am Rande des G20-Gipfels in Osaka zu einer Fortsetzung der Handelsgespräche kommt.mf Tokio – Vor dem Auftakt des G20-Gipfels am Freitag in der Metropole Osaka war der Machtkampf zwischen US-Präsident Donald Trump und Konferenz-Gastgeber Japan um die Vorherrschaft über die Tagesordnung nicht mehr zu übersehen. Die Japaner wollen eigentlich über Multilateralismus, Handel, die Förderung von Infrastruktur, digitale Daten, Kryptowährungen und die alternde Gesellschaft sprechen. Doch der Austausch mit anderen Politikern und die Suche nach Kompromissen nervten Präsident Trump schon bei seinem ersten G20-Gipfel vor zwei Jahren in Hamburg. Damals verabschiedete er sich vorzeitig und überließ seiner Tochter Ivanka das Feld.Diesmal versuchte Trump mit einem Fernsehinterview und via Twitter im Vorfeld seine eigenen Themen zu setzen, um über bilaterale Treffen am Rande die Gipfel-Agenda zu dominieren. Seinen Druck bekommen in erster Linie traditionelle US-Verbündete zu spüren: Trump kritisierte den G20-Gastgeber Japan dafür, die Absicherung seines wichtigsten Öltransportweges – die Straße von Hormus am Persischen Golf – den USA zu überlassen. Deutschland bezahle dem potenziellen Feind Russland Abermilliarden Dollar für Energie, gemeint war Erdgas, aber wolle von den USA beschützt werden, griff er Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem Treffen am Freitag mit ihr an. Europa behandele die USA schlechter als China, erklärte er.Dann entlarvte ein Bericht der Hongkonger Zeitung “South China Morning Post” die Drohgebärden des US-Präsidenten als abgekartetes Spiel. Vor dem Abflug nach Osaka hatte Trump noch vor Zollerhöhungen auf die übrigen US-Importe aus China gewarnt, sollte die Begegnung mit Staatschef Xi Jinping am Samstag ohne Ergebnis bleiben. Aber laut dem Bericht hat Trump China hinter den Kulissen längst zugesagt, die Ausweitung der Strafzölle vorerst zu verschieben. Ohne diesen “Burgfrieden” hätte Chinas Staatschef Xi Jinping der Begegnung mit Trump erst gar nicht zugestimmt, berichtete das Blatt. Ein Sprecher des Handelsministeriums in Peking sagte zu dem Bericht, es würden die Maßnahmen begrüßt, “die beim Umgang mit Differenzen helfen und eine Eskalation der Spannungen verhindern”, wie die Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Der Sprecher forderte die USA zugleich auf, umgehend Sanktionen gegen chinesische Firmen “einschließlich Huawei” zu streichen. Laut “Wall Street Journal” verknüpft die Regierung in Peking eine Beilegung des Handelsstreits mit der Forderung, dass die USA das Verkaufsverbot gegen den chinesischen Netzwerkausrüster Huawei aufheben. Beide Seiten arbeiteten an eigenen Presseerklärungen zum Treffen, eine gemeinsame Mitteilung werde es nicht geben.Tatsächlich haben elf Verhandlungsrunden bisher keinen Durchbruch gebracht. Schon beim G20-Gipfel in Buenos Aires vor einem Jahr einigten sich Trump und Xi auf einen “Waffenstillstand” und setzten die Handelsgespräche danach fort. Seitdem erschweren jedoch die von Trump vorangetriebene “Entkoppelung” beider Volkswirtschaften und seine Zugangsblockade zu US-Hochtechnologie eine Einigung zusätzlich. Daher schwor Präsident Xi das chinesische Volk inzwischen auf einen “neuen Langen Marsch” ein, um von den USA unabhängiger zu werden. Auch die Zölle, die Indien seit Mitte Juni auf US-Produkte erhebt, kritisierte Trump. Er freue sich darauf, am Rande des Gipfels mit Premierminister Narendra Modi darüber zu sprechen.Auch Kanzlerin Merkel erwartet schwierige Verhandlungen in Osaka. Sie möchte gerne beim Klimaschutz punkten, aber dies gilt aus deutscher Sicht als “besonders schwierig”. Denn Gastgeber Japan hängt das Thema nicht besonders hoch. Zum einen will Premier Shinzo Abe seinen Partner Trump nicht provozieren, zum anderen hängt die Inselnation so stark von fossiler Energie ab wie kein anderer G7-Staat. Diese und andere Dissonanzen wie der Umgang mit dem Iran lassen befürchten, dass es wie im Vorjahr auch in Osaka keine gemeinsame Abschlusserklärung aller 20 Nationen geben könnte.