Bundesfinanzhof

Solidaritäts­zuschlag vorerst nicht verfassungs­widrig

Der Bundesfinanzhof hält den Solidaritätszuschlag vorerst weiterhin nicht für verfassungswidrig. Finanzminister Christian Lindner verlangt trotzdem weiter die komplette Abschaffung – auch, wenn dies ein Loch in den Bundeshaushalt reißen würde.

Solidaritäts­zuschlag vorerst nicht verfassungs­widrig

ahe Berlin

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat eine Klage gegen die Erhebung des Solidaritätszuschlags abgewiesen. Bei dem Zuschlag habe es sich „in Jahren 2020 und 2021 um eine verfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe“ gehandelt, erklärte das Gericht am Montag und hält eine Weiterreichung der Angelegenheit an das Bundesverfassungsgericht für nicht geboten.

BFH-Präsident Hans-Josef Thesling verwies darauf, dass die Abgabe ihre Rechtfertigung nicht verloren habe: „Eine zwingende rechtstechnische Verbindung zwischen dem Solidarpakt II, dem Länderfinanzausgleich und dem Solidaritätszuschlag besteht nicht.“ Die Bundesregierung habe zudem den fortbestehenden Bedarf glaubhaft gemacht – unter anderem im Bereich der Rentenversicherung und des Arbeitsmarkts.

Auch das Argument, dass der „Soli“ mittlerweile nur eine verkappte „Reichensteuer“ sei, die gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz verstoße, wiesen die Richter zurück. Ob die Einnahmen auch für die Finanzierung der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges verwendet würden, sei zudem unerheblich.

Seit zwei Jahren müssen nur noch Spitzenverdiener und Unternehmen den Zuschlag von bis zu 5,5% der Einkommen- und Körperschaftsteuer zahlen. Es geht um Einnahmen von etwa 11 Mrd. Euro im Jahr für die Bundesregierung. Der Bund der Steuerzahler sprach sogar von insgesamt 53 Mrd. Euro für die Jahre 2021 bis 2023. Die Teilabschaffung hatte 2019 die große Koalition beschlossen. Der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte die von der Union geforderte komplette Abschaffung abgelehnt.

Auch in der heutigen Regierungskoalition gibt es unterschiedliche Positionen zum Solidaritätszuschlag. Vertreter von SPD und Grünen begrüßten die Entscheidung des Gerichts am Montag. Die FDP dagegen bekräftigte ihre Forderung nach einem Ende der Abgabe. Parteichef und Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte in Berlin, seine Partei habe Interesse an einer Klärung der Frage durch das Bundesverfassungsgericht. Es gehe auch um eine Entlastung der Betriebe. „Aus meiner Sicht würde die Abschaffung unsere globale Wettbewerbsfähigkeit stärken“, twitterte Lindner.

Beim Verfassungsgericht liegt bereits seit 2020 eine Beschwerde mehrerer FDP-Abgeordneter gegen die Neuregelung vor, zu denen auch der heutige Finanzstaatssekretär Florian Toncar gehört. Unterstützung erhielt die Partei am Montag von Ifo-Präsident Clemens Fuest, der erklärte, die Abschaffung sei „längst überfällig“. Letztlich handele es sich um eine Machtfrage. „Denjenigen, die den Soli ganz abschaffen wollen, fehlt schlicht die Parlamentsmehrheit für diese Entscheidung.“

Der Vertreter der Kläger – ein älteres Ehepaar aus Aschaffenburg – ließ offen, ob nun Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil eingelegt wird, wofür es vier Wochen Zeit gibt. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, verwies darauf, das Gericht habe immerhin deutlich gemacht, dass der Zuschlag auf eine Generation beschränkt sei und nicht auf Dauer bestehen bleiben könne. Damit sei der Soli seiner Ansicht nach ab 2025 verfassungswidrig.

Verschiedene Wirtschaftsverbände bekräftigten am Montag ihre Kritik am Solidaritätszuschlag. Die Erhebung sei für viele Betriebe in der aktuellen Krise zu einer unverhältnismäßigen Belastung mutiert.

Wertberichtigt Seite 2

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