Linksregierung

Spanien erzielt Durchbruch bei Rentenreform

Nach langen Verhandlungen hat sich die Linksregierung mit den Gewerkschaften auf eine Reform des angeschlagenen Systems geeinigt. Statt Kürzungen der Renten werden die Beiträge für höhere Gehälter angehoben. Die Arbeitgeber fürchten um die Arbeitsplätze.

Spanien erzielt Durchbruch bei Rentenreform

ths Madrid

Die spanische Linksregierung und die Gewerkschaften haben sich am Mittwoch auf eine Reform des Rentensystems geeinigt, die am Donnerstag auf einer außerordentlichen Sitzung des Kabinetts verabschiedet werden soll. Auf dem Foto fehlten jedoch die Arbeitgeber, die das Abkommen wegen der Auswirkungen auf die Lohnnebenkosten strikt ablehnen. Die Rentenreform erhielt bereits grünes Licht von der EU-Kommission. Mit ein paar Monaten Verspätung erfüllt Spanien damit seine Hausaufgaben, die es im Gegenzug für die Milliarden aus dem europäischen Wiederaufbaufonds machen musste. Sobald die Reform in Kraft tritt, kann die Auszahlung der nächsten Tranche erfolgen.

Die Koalitionsregierung aus Sozialisten und Linken spricht von einem Paradigmenwechsel, da die Schieflage in der Pensionskasse nicht durch Kürzungen der Leistungen, sondern durch eine Anhebung der Beiträge, also der Einnahmen, gewährleistet werden soll. Infolge des Rettungsschirms für die spanischen Banken nach Ausbruch der Finanzkrise 2008 wurden die Rentenzahlungen be­schnitten und das Eintrittsalter wurde auf 67 Jahre ausgedehnt. „Solange ich Ministerpräsident bin, werde ich dieses unselige Jahrzehnt der Finanzkrise und der neoliberalen Antwort darauf nicht vergessen“, erklärte Regierungschef Pedro Sánchez am Wochenende in Anspielung auf die Rentenreform und andere Maßnahmen, wie die drastische Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns.

Mit Blick auf die steigenden Ausgaben des Rentensystems durch die Pensionierung der Babyboomer werden vorrangig die Einnahmen erhöht. Dafür werden Erwerbstätige zur Kasse gebeten, die mehr als 4500 Euro brutto im Monat verdienen. Bislang ist der Rentenbeitrag ab diesem Betrag eingefroren, wodurch Spanien mit das großzügigste System für Besserverdiener in Europa hat. Die Rentenbeiträge der oberen Gehaltsklassen sollen von 2024 bis 2050 jährlich um die Inflationsrate plus 1,2% erhöht werden. Hinzu kommt ein Solidaritätszuschlag für besonders hohe Gehälter. Die Maximalrente wird im Gegenzug auch erhöht, jedoch unterhalb des Beitragsanstiegs. Der Ausgleichsmechanismus, der auf alle Beiträge anfällt, steigt bis 2029 von derzeit 0,6% auf 1,2%. Die Mindestrenten werden dem gesetzlichen Mindestlohn angepasst und es gibt Regelungen, um geringere Bezüge für Frauen auszugleichen.

„Frontaler Widerstand“

Dank der Zustimmung der Gewerkschaften für die Reform bleiben Spanien Streiks wie in Frankreich erspart. Der Dachverband der Arbeitgeber CEOE kritisierte da­gegen die „Gefräßigkeit“ der Regierung und erklärte seinen „frontalen Widerstand“ gegen die Reform. Die konservative Opposition kündigte an, alles rückgängig zu machen, sollte sie die Sozialisten bei den Parlamentswahlen Ende des Jahres ablösen. Die Unternehmer befürchten negative Auswirkungen auf die Beschäftigung.

Die Regierung hält die Mehrkosten hingegen für zumutbar, zumal Kleinbetriebe ihrer Meinung nach eher seltener Jahresgehälter von über 54000 Euro zahlen. „In den vergangenen zwölf Jahren sind die Lohnkosten in Spanien um 10% weniger gestiegen als in der Eurozone. In Spanien gibt es also Spielraum, um die Lohnnebenkosten vorsichtig zu erhöhen“, erklärte der Minister für die Sozialversicherung und Hauptarchitekt der Reform, José Luis Escrivá. Es fehlt noch der Gang durchs Parlament, doch die üblichen Partner der Minderheitsregierung haben bereits ihre Zustimmung angedeutet.