Wachstumspolitik

„Streichung von Feiertagen ohne Wachstumswirkung“

Nach einer neuen Studie kann die Streichung eines Feiertags zur Anhebung des Wirtschaftswachstums in Deutschland sogar die gegenteilige Wirkung haben. Die Politik sollte sich diesen Schritt also gut überlegen.

„Streichung von Feiertagen ohne Wachstumswirkung“

„Feiertagsstreichung mit gegenteiliger Wirkung“

lz Frankfurt

Die von Wirtschaftsinstituten und Unternehmensverbänden geforderte Abschaffung von Feiertagen zur Stärkung des Wirtschaftswachstums wäre nach einer Studie des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) nahezu wirkungslos. Die Forscher haben Streichungen aus den vergangenen 30 Jahren untersucht und fanden „keine Belege dafür, dass die Abschaffung von Feiertagen die Wirtschaftsleistung erhöht“. IMK-Direktor Sebastian Dullien: „Die Gleichung: Wenn Feiertage wegfallen, steigt das Wachstum, geht offensichtlich nicht auf“.

Das IMK konnte etwa im Falle Sachsens sogar eine gegenteilige Wirkung feststellen: Die Wirtschaft entwickelte sich besser als anderswo, obwohl Sachsen als einziges Bundesland den Buß- und Bettag beibehielt. Auch Berlin habe nach Einführung des Internationalen Frauentags als Feiertag ein höheres Wachstum erzielt als der Bundesdurchschnitt.

DIHK für Abschaffung eines Feiertages

Die Abschaffung von einem oder mehreren Feiertagen zur Erhöhung der Wirtschaftsleistung hatte der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, vorgeschlagen. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält im Falle eines zusätzlichen Arbeitstages eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um 5 bis 8,6 Mrd. Euro für möglich.

Auch die „Wirtschaftsweise“ Monika Schnitzer hatte die Abschaffung eines Feiertages in Deutschland zu Finanzierung der Krisenlasten befürwortet. Und im März hatte der Präsident des Münchener Ifo-Instituts, Clemens Fuest, für die Streichung eines Feiertages plädiert, um „das Arbeitsangebot der Menschen zu steigern“.

IMK geht von Verlagerung aus

Dass ein Feiertag weniger keinen klaren positiven Einfluss auf die Wirtschaftsleistung hat, erklären die Forscher des IMK einerseits mit der Flexibilität einer modernen Volkswirtschaft. Unternehmen planen demnach die Abarbeitung ihrer Aufträge so, dass diese möglichst nicht an Feiertagen stattfindet, auch, weil dann Zuschläge gezahlt werden. Unklar ist, ob ohne diese Feiertage tatsächlich über das Jahr mehr produziert würde – wie es die Befürworter von Streichungen annehmen –, oder ob die Produktion nur anders verteilt würde. Viel spricht aber laut IMK dafür, dass – auch in Zeiten vielerorts beklagten Fachkräftemangels – die Nachfragesituation der Unternehmen der bestimmende und begrenzende Faktor für die Produktion ist.

Dullien betonte, dass die gesamtwirtschaftliche Produktion eben nicht nur auf die Zahl der Arbeitsstunden zurückgehe. Auch Produktivität und Innovation spielten eine wichtige Rolle. „Denkbar ist, dass die Beobachtung fehlender positiver Wachstumseffekte einer geringeren Zahl an Feiertagen darauf zurückgeht, dass die geringere Erholungszeit die Produktivität senkt“, heißt es in der Studie. Möglich sei auch, dass stark belastete Erwerbstätige als Reaktion auf eine Feiertagsstreichung ihr Arbeitsangebot an anderer Stelle zurückfahren, etwa durch die Verringerung der Arbeitszeit in Teilzeitstellen. So hätten während der Pandemie Pflegekräfte als Reaktion auf die hohe Belastung ihre Arbeitszeit verringert.