Wirtschaft bricht um 5 Prozent ein

Erstes Finanzierungsdefizit des Staates seit 2011 - Aufwärtstrend am Arbeitsmarkt endet nach 14 Jahren

Wirtschaft bricht um 5 Prozent ein

Die deutsche Wirtschaft ist im Coronajahr 2020 um 5 % eingebrochen. Der Staat verzeichnet erstmals seit 2011 ein Finanzierungsdefizit und der Aufwärtstrend am Jobmarkt endet nach 14 Jahren. Ökonomen und die Bundesregierung zeigen sich für das eben begonnene Jahr dennoch zuversichtlich.ba Frankfurt – Die Corona-Pandemie und die ergriffenen Schutzmaßnahmen haben das zehn Jahre währende Wachstum der deutschen Wirtschaft beendet und dem Staat sein erstes Finanzierungsdefizit seit acht Jahren beschert. Auch ist der Aufwärtstrend am Arbeitsmarkt, der 2006 begonnen hat, nun gestoppt. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zeigte sich aber ebenso wie Ökonomen für das eben begonnene Jahr optimistisch: Trotz des erneuten Lockdowns, der sich wohl bis Ostern hinziehen wird, erwarten sie eine Aufholjagd der Wirtschaft. Insgesamt sei er “fest davon überzeugt, dass das Wachstum deutlich und spürbar sein wird”, wenn auch nicht ganz so kräftig wie von der Bundesregierung mit aktuell 4,4 % noch erwartet, sagte Altmaier gestern vor der Presse. Demnächst soll eine neue Schätzung vorgelegt werden.Im eben beendeten Jahr ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge um preisbereinigt 5,0 % eingebrochen. “Diese Zahl”, die von Ökonomen im Schnitt erwartet worden war, bezeichnete Altmaier als “dramatisch hoch”. 2009 während der globalen Finanzkrise war das BIP allerdings noch etwas stärker, um 5,7 %, abgerutscht. 2019 verzeichneten die Statistiker noch ein Plus von 0,6 %.Im internationalen Vergleich sei die deutsche Wirtschaft damit aber noch “deutlich besser durch die Krise” gekommen als der europäische Durchschnitt, wie Albert Braakmann, Leiter der Abteilung Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung/Preise bei Destatis, bei der Bekanntgabe der vorläufigen Ergebnisse sagte. Italien und Frankreich seien mit Einbrüchen von voraussichtlich über 9 % und Spanien mit über 12 % wesentlich stärker von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen, wie die Herbstprognose der Europäischen Kommission erwarten lasse. Das Statistikamt Eurostat berichtet Anfang Februar über die Wirtschaftsleistung im gemeinsamen Währungsraum.Als positive Nachricht des Tages werteten Ökonomen insbesondere, dass die Wirtschaft zum Jahresschluss im Quartalsvergleich wohl stagnierte – wobei die Wiesbadener Statistiker darauf verwiesen, dass die Schätzung mit noch größeren Unsicherheiten behaftet sei als üblich. Es ließe sich anhand der ersten amtlichen Produktions-, Umsatz- und Auftragseingangsindizes für November sowie experimenteller Daten für Dezember aber bereits sagen, “dass die Wirtschaft durch den zweiten Lockdown zum Jahresende offenbar weniger hart getroffen wurde als durch den ersten Lockdown im Frühjahr”, betonte Braakmann. Zahlen für das vierte Quartal legt Destatis am 29. Januar vor. Am 24. Februar folgen die Details für 2020.Im Gesamtjahr hatte die Corona-Pandemie in nahezu allen Wirtschaftsbereichen deutliche Spuren hinterlassen, die bisherigen Konjunkturstützen fielen aus: Die privaten Konsumausgaben gingen mit 6,0 % so stark zurück wie noch nie (siehe Tabelle), die Exporte und Importe gingen ebenfalls kräftig zurück und die Bruttoanlageinvestitionen verzeichneten mit -3,5 % den deutlichsten Rückgang seit der Finanzkrise von 2008/2009. Nur das Wachstum des Staatskonsums und der Bauinvestitionen “verhinderte einen noch stärkeren Einbruch der Wirtschaftsleistung”, wie Destatis-Chef Georg Thiel erklärte.Auch der Staatshaushalt wurde von der Coronakrise schwer getroffen: Nach acht Überschussjahren in Folge schloss der Staat 2020 mit einem Defizit von 158 Mrd. Euro ab. Dies ist das zweithöchste seit der deutschen Wiedervereinigung – höher war es laut Braakmann nur 1995, als die Treuhandschulden in den Staatshaushalt übernommen worden waren. Die Coronahilfen zur Stützung der Wirtschaft erhöhten die Staatsausgaben deutlich, während insbesondere die Steuereinnahmen deutlich geringer als im Vorjahr ausfielen. Allein die Einnahmen aus Sozialbeiträgen sind wegen der erweiterten Regelungen zur Kurzarbeit leicht gestiegen. Diese wiederum haben zwar Entlassungen verhindert, insgesamt aber endete 2020 der über 14 Jahre anhaltende Anstieg der Erwerbstätigkeit.Braakmann übte sich aber ebenso wie Ökonomen in Zuversicht, dass sich nach dem Ende des Lockdown – selbst wenn das April wäre – das BIP erneut so kräftig erholt wie im dritten Quartal und die Verbraucher einen Teil der Rekordsparquote von 16,3 % in den Konsum steckten: “Denn wer würde nicht mal wieder gerne zum Friseur gehen?”