Corona

Leibniz-Ökonomen wägen Folgen der Pandemie

Der Chef des DIW Berlin, Marcel Fratzscher, hat nach den Beschlüssen von Bund und Ländern über die nächsten Öffnungsschritte aus dem Corona-Zwangsstillstand vor den wirtschaftlichen Folgen einer dritten Infektionswelle gewarnt.

Leibniz-Ökonomen wägen Folgen der Pandemie

sp Berlin

Der Chef des DIW Berlin, Marcel Fratzscher, hat nach den Beschlüssen von Bund und Ländern über die nächsten Öffnungsschritte aus dem Corona-Zwangsstillstand vor den wirtschaftlichen Folgen einer dritten Infektionswelle gewarnt. „Viele denken jetzt, Lockerungen müssen gut sein für die Wirtschaft“, sagte der Ökonom im Rahmen des Leibniz-Wirtschaftsgipfels bei einer virtuellen Podiumsdiskussion mit den Präsidenten der Leibniz-Wirtschaftsforschungsinstitute. „Meine Sorge ist, dass die Maßnahmen über das Gesamtjahr negativ sein könnten für die Wirtschaft, wenn frühzeitige Lockerungen bedeuten, dass eine dritte Welle nicht gestoppt werden kann, dass ein Jojo-Effekt mit erneuten Restriktionen kommt“, sagte Fratzscher. Die Politik müsse in der Pandemie eine Abwägung treffen zwischen Gesundheit, Wirtschaft und Grundrechten. „Aus einer rein wirtschaftlichen Perspektive be­fürchte ich, dass die Entscheidung gestern eher negativ als positiv war.“

Auch Clemens Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Instituts, äußerte sich kritisch zu den Beschlüssen, nahm dabei aber vor allem die Öffnungsstrategie für die Schulen in den Blick. „Wenn wir uns die Beschlüsse von gestern anschauen, wird da mit Hingabe diskutiert, ob wir Flugschulen oder Fahrschulen öffnen, aber deutlich weniger über die Frage, wie wir die Schulen insgesamt sicher öffnen“, sagte Fuest. Die Familien seien in der Pandemie am stärksten belastet und die Öffnung der Schulen aus wirtschaftlicher Perspektive geboten. „Wenn wir überlegen, auf was für eine Welt wir nach der Krise zulaufen, können wir uns schnell darauf einigen, dass das eine Welt sein wird, in der es wichtig sein wird, gut ausgebildet zu sein“, betonte der Ifo-Chef und verwies auf die sozialen Folgen von geschlossenen Schulen. „Die Spannungen, die wir schon haben zwischen gut und weniger gut Ausgebildeten, werden sich verschärfen.“

Christoph M. Schmidt, Präsident des RWI, warnte ebenfalls vor gesellschaftlicher Polarisierung infolge der Pandemie, sorgt sich aber auch um die unternehmerische Initiative. „Wer wird künftig noch bereit sein, Unternehmer zu sein, bei den damit verbundenen Risiken?“, fragte er in die Runde. Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler IfW, erneuerte seine Kritik an den Unternehmenshilfen der Bundesregierung. Achim Wambach, Präsident des ZEW, bemängelte das Tempo der Coronatests. „Impfen und Teststrategie spielen eine wichtige Rolle, da kommen wir jetzt erst in die Pötte.“ Reint Gropp, Präsident des IW Halle, hatte die Bundesregierung schon am Mittwoch aufgefordert, „endlich die Impfproblematik ernst zu nehmen und einen Plan zu entwickeln, wie ein bis zwei Millionen Menschen pro Tag geimpft werden können“.