Alles andere als ausgewogen
Hellofresh
Alles andere
als ausgewogen
Von Karolin Rothbart
Stressfrei kochen, ausgewogen essen“ heißt es auf der Website des Kochboxenversenders Hellofresh. Seit der Gründung im Jahr 2011 will das Berliner Unternehmen all jenen bei der Ernährung helfen, die für den regelmäßigen Gang zum Supermarkt eher keine Vergnügungssteuern zahlen würden, die aber auch nicht jeden Abend eine saftige Restaurant-Rechnung serviert bekommen wollen. In der Corona-Pandemie war die Idee der Brüller – Hellofresh war an der Börse zeitweise rund 16 Mrd. Euro schwer.
Heute sind es noch etwa 1,2 Mrd. Euro, wobei der Aktienkurs am Donnerstag mal wieder eingebrochen ist um zeitweise rund 18%. Grund ist ein Geschäftsmodell, das – im Gegensatz zum Werbeversprechen rund um die Kochboxen – alles andere als ausgewogen ist. Denn Hellofresh ist zu einem großen Teil vom nordamerikanischen Markt abhängig. Im ersten Halbjahr hat das Unternehmen dort rund zwei Drittel seines Gesamtumsatzes eingefahren.
Das ist ein Problem, wie sich jetzt herausstellt. Denn sowohl der US-Dollar, als auch der kanadische Dollar haben zuletzt gegenüber dem Euro deutlich an Wert verloren. Kostete 1 Euro bei der letzten Prognose von Hellofresh Ende April noch 1,04 Dollar, waren es im Juni schon 1,15 Dollar. Die Folge: Hellofresh muss sein Gewinnziel für das laufende Jahr nach unten korrigieren. Statt mit 450 bis 500 Mill. Euro an bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen rechnen die Berliner nun noch mit 415 bis 465 Mill. Euro. Als wäre das nicht genug, wird auch beim Umsatz ein noch stärkerer Rückgang als bislang prognostiziert. Das liegt auch am unerwartet schwachen Wachstum im kleineren Geschäft mit Fertiggerichten.
Für Hellofresh wäre es vor dem Hintergrund ratsam, nicht einfach nur zu sparen, sondern das Angebot um neue Produktkategorien wie Tiernahrung oder Nahrungsergänzungsmittel zu erweitern und Investoren mit noch mehr Aktienrückkäufen zu ködern. Neben all dem sollte schlicht auch der regionale Fokus vergrößert werden. Der Gang zum Supermarkt wird schließlich nicht nur von den Amerikanern gescheut.