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Auf den Spuren der goldenen Eule

Mehr als drei Jahrzehnte lang hat eine Schatzsuche Frankreich in ihren Bann gezogen. Die Lösung des Rätsels wurde erst jetzt bekannt gegeben.

Auf den Spuren der goldenen Eule

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Auf den Spuren der goldenen Eule

wü Paris
Von Gesche Wüpper

Bewaffnet mit Spaten, Metalldetektoren und Taschenlampen haben sie gesucht – fast 32 Jahre lang. Die Suche nach der goldenen Eule hat Tausende Franzosen in ihren Bann gezogen. Für viele von ihnen war die Suche mehr als ein Spiel. Die Replik der seit April 1993 versteckten, mit einem Diamanten verzierten Statue ist zwar schon im Oktober gefunden worden. Doch die Lösung des Rätsels, wo die „chouette dor“ über drei Jahrzehnte verborgen war, wurde erst jetzt in Form eines Films in einem Pariser Kino offiziell bekannt gegeben.

Viele „chouetteurs“, wie sich die Schatzsucher nennen, reagierten enttäuscht. Die Lösung sei zu einfach, nicht klar genug, kritisieren sie. Denn die goldene Eule war in einem Wald am Rande von Dabo begraben, einem Ort in den Vogesen, der schon bald nach Beginn der Schatzsuche als Favorit gehandelt wurde. Der Boden der einst als Dagsburg bekannten Gemeinde ähnele inzwischen einem Schweizer Käse, meinen französische Medien. Für etliche „chouetteurs“ sei er längst zu einer Art Wallfahrtsort geworden.

Marketingexperte

Einige von ihnen haben mit der Suche bereits 1993 begonnen, als Paul Régis Hauser die Replik der goldenen Eule in einem 80 Zentimeter tiefen Loch vergrub. Der ehemalige Rallyefahrer, Autor von Marketing-Büchern und Rätseln, veröffentlichte anschließend unter dem Pseudonym Max Valentin das 46-seitige Buch „Sur la trace de la chouette dor“ („Auf den Spuren der goldenen Eule“) mit Anleitungen für die Schatzsuche. Es wurde seinerzeit für 89 Francs (umgerechnet knapp 29 Euro) verkauft und inzwischen mehrfach neu aufgelegt. Es enthielt elf Rätsel in Form von Sprachspielen, Denksportaufgaben und Karten, die die Schatzsucher auf die Spur der Statue führen sollte. Als Finderlohn wurde ihnen die von dem Künstler Michel Becker entworfene, in einem Banktresor in Paris aufbewahrte goldene Originalvariante im Wert von schätzungsweise 150.000 Euro in Aussicht gestellt.

Neuer Rechtsstreit in Sicht

Hauser hatte nicht damit gerechnet, dass die Suche nach der goldenen Eule so lange dauern würde. Er war von höchstens zwei Jahren ausgegangen. Das Ende der Schatzsuche, die er auch mithilfe des französischen Internetvorreiters Minitel organisierte, hat der Kommunikationsexperte nicht mehr selbst erlebt. Nach seinem Tod 2009 stritten sich Michel Becker und die Erben Hausers zunächst mehrere Jahre vor Gericht, während die Koordinaten des Verstecks der Eule in einem versiegelten Umschlag von einem Notar verwahrt wurden. Der Künstler, der die Eule entworfen hatte, übernahm die Spielleitung schließlich 2021. Wie Hauser bediente auch er sich moderner Kommunikationsmittel wie Sozialer Medien.

Ein Teil der „chouetteurs“ sieht ihn kritisch – und hinterfragt, ob bei dem Ende der Schatzsuche alles mit rechten Dingen zugegangen sei. „Warum sind die Namen der Gewinner nie bekannt gegeben worden?“, fragen sie. Becker droht deshalb eine neue Klage der Eulensucher-Vereinigung (A2CO).

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