IWF-Chefin

Bedingtes Vertrauen

IWF-Chefin Kristalina Georgiewa bleibt trotz Manipulationsvorwürfen im Amt. Ganz ausgestanden ist die Sache damit aber wohl noch nicht. Die IWF-Jahrestagung wird in jedem Fall überschattet – und der Fonds belastet.

Bedingtes Vertrauen

IWF-Chefin Kristalina Georgiewa bleibt im Amt. Nach Manipulationsvorwürfen zugunsten Chinas in ihrer früheren Tätigkeit bei der Weltbank sprach das IWF-Exekutivdirektorium der Bul­garin jetzt das „volle Vertrauen“ aus. Ausgestanden ist das The­ma damit aber wohl nicht. Vor allem der Rückhalt seitens der USA als größtem IWF-Anteilseigner kommt mit einem ge­waltigen Disclaimer daher. Das alles schadet mittel- und langfristig dem Ansehen des IWF und überschattet kurzfristig die laufende IWF-Jahrestagung. Beides ist misslich – und gefährlich.

Ohne Kenntnis aller Details ist es schwierig zu urteilen, ob Georgiewa Fehler gemacht hat und nicht mehr tragbar ist. Eine Schlüsselfigur in dem ganzen Vorgang hat sie jedenfalls entlastet. Ohne Frage aber ist Georgiewa schwer beschädigt, und sollte sie dauerhaft an der IWF-Spitze bleiben, wird sie alle Mühe ha­ben, verlorenes Vertrauen zu­rück­zugewinnen – auch bei vielen IWF-Mitarbeitern. Dass sie bleibt, scheint indes keineswegs ganz gewiss. Die Untersuchungen bei der Weltbank dauern an, und US-Finanzministerin Janet Yellen sprach auch nach dem Verdikt der IWF-Aufseher weiter von „berechtigten Bedenken“. Es sind allerdings auch dieses langwierige Gezerre und die Spekulationen um die Motive aller Be­teiligten, die der Reputation des Fonds auf Dauer Schaden zufügen – und das ausgerechnet, wo er in der Weltfinanzkrise und der Pandemie gezeigt hat, wie wichtig er als einzige multilaterale Organisation dieser Art ist.

Kurzfristig stört der ganze Vorgang zudem die jetzige Jahrestagung, weil er Aufmerksamkeit, Zeit und Kapazitäten raubt. Dabei gibt es eigentlich mehr als genug zu tun für die Finanzminister und Notenbankchefs aus aller Welt, die physisch und virtuell zusammenkommen. Die Weltwirtschaft hat sich zwar nach der Coronakrise schneller erholt als gedacht und auch schneller als nach der Weltfinanzkrise. Und die Erholung setzt sich fort. Die Risiken haben aber ohne Frage zugenommen – und viele davon gilt es gemeinsam zu adressieren.

Allen voran gilt das für die Pandemie. Die Industrieländer müssen mehr tun, um die Impfungen auch in den bedürftigen Ländern zu forcieren. Sonst drohen weitere Virusmutationen, die dann neben großem menschlichen Leid auch enormen wirtschaftlichen Schaden weltweit anrichten. Das gilt aber auch für die Gaspreisexplosion und die Materialengpässe, die den Aufschwung ausbremsen und die Inflation anheizen. Alle Länder müssen da ge­nau schauen, wie sie helfen können, – jeder für sich und gemeinsam. Es besteht kein Grund für Panik – aber sicher auch nicht für Selbstgefälligkeit.

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