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Deutsche Autobauer kämpfen mit hohen Kosten

Hohe Kosten trugen dazu bei, dass die Margen der deutschen Autobauer zum Jahresauftakt erodierten. Auf BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen wächst der Druck, mit Einsparungen gegenzusteuern.

Deutsche Autobauer kämpfen mit hohen Kosten

Deutsche Autobauer kämpfen mit hohen Kosten

Spardruck wächst bei holpriger Transformation zur Elektromobilität

Von Stefan Kroneck, München

Die deutschen Autohersteller haben bei den Anlegern an Überzeugungskraft eingebüßt. Die sehr schwach ausgefallenen Geschäftszahlen des ersten Quartals wecken an den Aktienmärkten Zweifel an einer reibungslosen Erfolgsfahrt der Dax-Mitglieder bis zum Ende der laufenden 12-Monats-Berichtsperiode. Während der deutsche Börsen-Leitindex Rekordhöhen erklimmt, büßen die Titel der Autobauer deutlich an Wert ein. Binnen eines Monats verlor die Stammaktie von BMW 12%, das Papier von Mercedes-Benz 11%, die Vorzugsaktie von Volkswagen 6% und die ihrer Konzerntochter Porsche 14%.

Für den Stuttgarter Sportwagenhersteller ist das zugleich ein Imageschaden. Nach einer kurzen Erholungsphase im Februar und März fiel der Anteilschein dieser Tage wieder unter den Ausgabepreis von Ende September 2022 (82,50 Euro). Am Mittwoch notierte das Porsche-Papier bei 77 Euro.

Margen erodieren

Auf operativer Ebene sind die Ursachen für die Gewinneinbrüche der Unternehmen des bedeutendsten Wirtschaftszweigs Deutschlands vielfältig. Der stotternde Wirtschaftsmotor China, der wachsende Wettbewerb in der Elektromobilität, ein weltweit erhöhter Preisdruck und teils noch angespannte Lieferketten. Insbesondere die Absatzschwäche im größten Einzelmarkt China bereitet dem Management in den jeweiligen Konzernzentralen Kopfzerbrechen. Offensichtlich sind die goldenen Zeiten für die Hersteller mit sprudelnden Erträgen in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt vorüber. Der Kampf um Marktanteile in China wird härter. Das dämpft tendenziell die Margen.

Das operative Ergebnis pro ausgelieferten Pkw erodiert. Nach Berechnungen der Börsen-Zeitung schrumpfte es im ersten Quartal bei BMW um 29% auf 4.558 Euro, bei Mercedes-Benz um 35% auf 5.305 Euro und bei der VW-Gruppe (inklusive Audi und Porsche) um 31% auf 1.272 Euro.

Erlösrückgang belastet

Im gleichen Zeitraum gingen die Umsätze der Autosparten zurück. Bei Mercedes-Benz war der Rückgang mit 8% auf 25,7 Mrd. Euro am stärksten, gefolgt vom Pkw-Bereich der VW-Gruppe mit −7% auf 48,3 Mrd. Euro. Glimpflich kam BMW davon, mit −0,7% auf 36,6 Mrd. Euro.

Der Erlös pro ausgelieferten Pkw verringerte sich in der VW-Gruppe im Schnitt um 2.500 Euro auf 23.900 Euro. Bei BMW war der Rückgang geringer. Die Münchner erlösten pro Pkw im Schnitt 52.000 Euro. Das waren 1.100 Euro weniger als im ersten Quartal 2023. Lediglich Mercedes-Benz steigerte pro Pkw den Umsatz um 300 Euro auf 55.500 Euro. Das zeigt, dass der Preisdruck infolge eines stärker gewordenen Wettbewerbs die Volumenhersteller stärker trifft als Anbieter, die im Segment der Ober- und Luxusklasse unterwegs sind.

Vorleistungen steigen

Als entscheidender Faktor für den empfindlichen Ergebnis- und Margendämpfer erwiesen sich indes die Kosten. Bei BMW schnellten die Umsatzkosten der Kernsparte um 3% auf 26 Mrd. Euro hoch. Die Aufwendungen für Vertrieb und Verwaltung sprangen um 7% auf 2,1 Mrd. Euro. Bei VW legten im Autobereich (Pkw und leichte Nutzfahrzeuge) die Vertriebskosten um 7% auf 4,8 Mrd. Euro zu. Die Verwaltungskosten des Wolfsburger Mehrmarkenkonzerns erhöhten sich um 3% auf 2,7 Mrd. Euro. Bei Mercedes-Benz stiegen die Umsatzkosten der Industriesparte um 1% auf 22,5 Mrd. Euro. 

Neben dem allgemeinen Kostentreiber Inflation sorgten vor allem neu eingeführte Modelle für einen Schub bei den Aufwendungen. Angesichts der anhaltenden Transformation zur Elektromobilität werden die Vorleistungen der deutschen Autobauer strukturell auch in den kommenden Jahren hoch bleiben. Die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen (F&E) dürften künftig in einer Bandbreite zwischen 5 und 6% des Umsatzes liegen. Im ersten Quartal stieg bei BMW die F&E-Quote um 1,2 Punkte auf 5,4%. Das entsprach einem Plus von rund 500 Mill. Euro auf 2 Mrd. Euro. Mercedes-Benz operiert in einer ähnlichen Größenordnung. Bei VW sprangen die ergebniswirksamen F&E-Aufwendungen um nahezu ein Viertel auf 4,6 Mrd. Euro.

In dieser schwierigen Gemengelage kalkulieren die Autohersteller zunehmend mit spitzem Bleistift. Der Spardruck wächst. Ein Bündel von Einsparmaßnahmen soll dazu beitragen, die Erosion der Margen zu stoppen, darunter im Einkauf. Mancher dürfte dazu geneigt sein, kostenträchtige Projekte nach hinten zu verschieben. Für Aufsehen sorgte dieser Tage die Nachricht, wonach Ola Källenius, der Vorstandschef von Mercedes-Benz, die Entwicklung einer eigens für Luxusmodelle vorgesehenen Elektroplattform auf Eis gelegt hat. Gründe dafür seien zu hohe Kosten und eine geringe Nachfrage nach Elektromodellen der Luxusklassen.

Elektroplattformen im Visier

Ein solcher Schritt des Stuttgarter Konzerns, der dazu einen Bericht des „Handelsblatts“ bestätigte, ist nachvollziehbar. Zum Jahresstart brach der Absatz des hochprofitablen Luxussegments um 27% ein. Mercedes-Benz begründete das mit Modellwechseln und Engpässen in der Lieferkette. Zugleich sind neue Produktionsplattformen teuer. Sie verschlingen Milliarden an Investitionen. Stattdessen setzt Mercedes-Benz nun den Angaben zufolge auf bereits bestehende Elektroplattformen.

Offenbar hat Källenius zu optimistisch geplant. Er ging ursprünglich von einem schnelleren Wandel aus. Der Dämpfer bei der Nachfrage nach Elektrofahrzeugen könnte bei den Schwaben zu einem Umdenken geführt haben. Der geplante Bedarf bei E-Autos liegt derzeit hinter den Erwartungen des Unternehmens zurück. Im ersten Quartal schrumpfte der Absatz vollelektrischer Pkw von Mercedes-Benz um 8% auf 47.500 Stück.

BMW und VW erweitern

Eine solche Kehrtwende vollziehen BMW und VW nicht. Beide Konzerne befinden sich mitten im Umbauprozess. Ein abrupter Stopp wäre daher für sie schwierig.

Die Münchner führen seit Jahresbeginn eine neue Modellgeneration von Elektroautos auf einer eigens dafür vorgesehenen Plattform ein („Neue Klasse“). BMW will dieses Konzept schrittweise an allen Fertigungsstandorten umsetzen. Das soll dazu beitragen, Skaleneffekte zu heben und Kosten zu reduzieren. Bislang produziert BMW Autos mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren (Benziner, Diesel) und batteriebetriebene Elektrofahrzeuge auf einem Band.

Das separierte Konzept für E-Autos ist Kernbestandteil der langfristigen Strategie von Konzernchef Oliver Zipse, der nach wie vor bei den Antriebsformen mehrgleisig fährt. Das sorge für mehr Flexibilität in Bezug auf die Nachfrage, lautet seine Devise.

Ähnlich geht VW mit gleicher Zielsetzung unter CEO Oliver Blume vor. Audi und Porsche entwickelten gemeinsam ein Plattform-Baukastensystem für das Oberklasse-Segment bei Elektrofahrzeugen. Mit dem Konzept starten beide Konzerntöchter ebenfalls in diesem Jahr. Diese Vorgehensweise sieht vor, die Produktion von E-Autos mit spezifischen Komponenten zu vereinheitlichen. Das betrifft unter anderem die Batteriekapazität, die Reichweite und die Ladegeschwindigkeit.

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