Die Qual mit den Quoten
Wäre die Erfindung von Quoten eine olympische Disziplin, hätte Deutschland das Zeug zur Goldmedaille. Als ein Glanzstück des Quotenspektrums gilt hierzulande die vor knapp zehn Jahren eingeführte Frauenquote, mit der die Gleichstellungs-Avantgarde hoffte, endlich die männliche Dominanz in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft zu beenden. Fortschritte hat es seither zweifellos gegeben. Spötter ziehen indes mitunter den Vergleich mit der vor Jahrzehnten etablierten Behindertenquote, die den Schluss nahelegt, dass nicht Leistung, sondern Ausgleich von Benachteiligung die Triebfeder des Wandels ist. Gänzlich ernüchternd ist auch die Erkenntnis, dass andernorts in Europa und vor allem jenseits dieser Grenzen, wo man der Quote kaum Beachtung schenkt, der Anteil von Frauen in Führungsposition durchweg höher ist.
Beachtlichen Eifer entwickelt Deutschland seit einiger Zeit auch bei allerlei Quoten im Kampf gegen den Klimawandel. Ob Erneuerbare-Energien-Quote, Recyclingquote, Kraftstoffquote oder auch die „E-Autoquote“, sie alle vereinen ambitionierte Ziele mit teilweise mäßiger Beliebtheit. Vor allem der steigende Anteil von E-Autos, mit dem die Umweltbelastung durch den Verbrenner eingedämmt werden sollte, gerät zum Rohrkrepierer. Das einzige, was sie offenbar eindämmt, ist der Geschäftserfolg der deutschen Autoindustrie, die die Kunden nicht zwingen kann, mit ihrer Kaufentscheidung dem Quotenregime zu folgen.
Ambitioniert wie unbeliebt
Die deutsche und europäische Quotenflut kontrastiert seit jeher augenfällig mit amerikanischer Abstinenz. Aber nicht immer ist weniger Regulierung mehr Fortschritt. Der Verzicht auf die neuerdings beliebte „Einfuhrquote“ wäre zu empfehlen, dagegen erscheint die Abschaffung der seit der Finanzkrise in Bankenkreisen ungeliebten Kernkapitalquote, wie sie jetzt kolportiert wird, als zweifelhafter Gewinn. Warum ausgerechnet in Zeiten hochvolatiler Börsen und global wachsender Skepsis an der Stabilität gerade des US-Kapitalmarktes eine Befreiung der Wallstreet-Giganten von den Fesseln der Vorsicht das Gebot der Stunde sein soll, erschließt sich selbst gestandenen Vorkämpfern für die Interessen der Finanz-Community nicht ohne Weiteres. Sie weisen nicht zu Unrecht darauf hin, dass allein die steigende Staatsverschuldung gepaart mit der Dollarschwäche und wachsenden Kapitalabflüssen ein beachtlich verschärftes Risikoumfeld gerade für US-Banken darstellt. Vertrauen auf eine Selbstkontrolle hat sich nicht bewährt. Da empfiehlt sich, der Sicherheit ihren wohl bemessenen Anteil zu belassen.