Ein ganz, ganz tolles Angebot
Zollstreit
Ein ganz, ganz tolles Angebot
Von Detlef Fechtner
Eigentlich ist die Aufgabe unlösbar. EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič, so wünscht es sich zumindest die US-Regierung, soll im Zollstreit ein Angebot offerieren, das das US-Handelsbilanzdefizit gegenüber Europa ausgleicht. Das Minus im Warenverkehr liegt irgendwo zwischen 150 und 200 Mrd. Euro. Ein Defizit in dieser Größe kann selbst der findigste EU-Kommissar nicht aus der Welt schaffen – mal abgesehen davon, ob er das überhaupt wollen würde. Um das Problem zu umgehen, stellt Šefčovič auf ein anderes Verständnis der Handelsbilanz ab, indem er die Dienstleistungsbilanz integriert. Denn in dieser Rechnung, also inklusive Services von US-Tech-Konzernen in Europa, ergibt sich ein US-Defizit von „nur“ noch 50 Mrd. Euro.
Hand aufs Herz: Šefčovičs Ansage, diese 50 Mrd. Euro könnte die EU ja durch Großeinkäufe von LNG-Gas und Agrarerzeugnissen kompensieren, ist viel zu ambitioniert. Flüssiggas für 10 Mrd. Euro wäre schon üppig. Und selbst wenn Europas Schweine einen Riesenappetit hätten und die Zahl der Vegetarier durch die Decke schösse, braucht es nicht so viele Sojabohnen.
Europas kluge Strategie
Aber: Europas Chefunterhändler fährt trotzdem eine taktisch kluge Strategie. Denn US-Präsident Donald Trump agiert nach den Turbulenzen am US-Anleihemarkt und den Kursverlusten am US-Aktienmarkt zollpolitisch längst nicht mehr so dickbackig wie noch vor Wochen. Die EU setzt daher darauf, ihm ein Angebot vorzulegen, das sich als ganz, ganz toll verkaufen lässt, weil es alle US-Wünsche zu erfüllen scheint. Eine solche Offerte böte Trump die Chance, im Handelsstreit einzulenken, das Angebot als „great“ und sich selbst als Sieger zu feiern.
In anderen Worten: Handelspolitik ist dieser Tage vor allem Marketing für die Galerie. In der Substanz kann Šefčovič gar nicht viel auf den Tisch legen. Denn gerade das, was Trump wirklich gut gefallen würde, kann die EU nicht anbieten: Ansiedelungen und Investitionen europäischer Unternehmen im großen Stil in den USA. Schließlich hat kaum eine Firma wegen der von der US-Regierung verursachten Unsicherheiten derzeit Lust, ihr US-Geschäft auszuweiten.