Eine echte Lose-Lose-Situation
Handelsabkommen
Eine echte
Lose-Lose-Situation
Von Detlef Fechtner
Trumps halbstarker Auftritt bringt alle um die Vorteile eines verlässlichen Handels.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte nur die Wahl zwischen verlieren und verlieren. Hätte sie das Angebot der USA abgelehnt, wären 30-prozentige US-Zölle in Kraft getreten und EU-Gegenmaßnahmen ausgelöst worden, die noch höhere Aufschläge auf US-Seite provoziert hätten. Das hätte Börsenkurse ins Rutschen und Firmen in Probleme gebracht. Die Hoffnung, dass US-Präsident Donald Trump in diesem Szenario schnell eingelenkt hätte, ist – mit Verlaub – politisch naiv.
Die Annahme des Deals löst aber auch keine echte Erleichterung aus. Dafür enthält er zu viele Zumutungen: Von happigen Abnahmeverpflichtungen von LNG-Gas über asymmetrische Verabredungen für Autozölle bis hin zum 15-%-Basissatz, der Exporteure schwer belastet. Die Rahmenvereinbarung schafft nicht mal Planungssicherheit, sind doch kritische Punkte rund um Stahl oder Pharma nicht eindeutig klar. Und sie kann auch nicht den mittlerweile verbreiteten Argwohn gegenüber Ansagen aus dem Weißen Haus zerstreuen.
Von der Leyen hat trotzdem eingeschlagen. Das ist politisch nachvollziehbar. Auch wenn sie wusste, dass ihr nun viele vorwerfen, sich nicht teuer genug verkauft zu haben. Allerdings – auch hier gilt lose-lose – wäre sie auch verhöhnt worden, hätte sie keinen Deal erreicht – wahrscheinlich sogar von denselben Kritikern.
US-Verbraucher werden Zeche zahlen
Die EU zahlt einen hohen Preis in Form von Wachstumseinbußen und Investitionszurückhaltung. Und auch die USA werden schmerzhaft spüren, dass der Deal nur Verlierer hat. Schließlich erwarten Volkswirte, dass der größte Teil der Zollaufschläge vom US-Verbraucher bezahlt wird und die US-Inflation 2026 in den Galopp fällt.
Lose-Lose gilt aber vor allem im langfristigen Ausblick. Trumps Auftritt als handelspolitischer Halbstarker, der mit wilden Drohungen Vereinbarungen erzwingt, von denen die USA nur auf den ersten Blick profitieren, bringt alle Beteiligten um die immensen Vorteile verlässlicher Handelsbeziehungen. Die EU muss nun unbedingt das tun, wovon sie ständig redet, nämlich mit anderen, von Trumps Muskelspielen verprellten Volkswirtschaften engere handelspolitische Bande knüpfen. Dass langfristig der Warenaustausch mit den USA schrumpfen wird, sollte dann verkraftbar sein. Europa muss sich ohnehin nicht nur aus politischen Überlegungen aus der Abhängigkeit der Exporte von US-Abnehmern befreien, sondern auch aus ökonomischer Vernunft. Denn die USA werden, wenn Trump so weiterregiert, an wirtschaftlicher Kraft – und damit an Einkaufskraft – verlieren.
Weitere Beiträge rund um Trumps Disruptionspolitik
Interview zu Stablecoins: Beitrag zur US-Hegemonie?