KommentarFrankreich-Krise

Eurozone aus der Balance

Die Stabilität der Eurozone fußt auf den Säulen Frankreich und Deutschland. Bricht eine weg, droht das Gebilde zu kippen.

Eurozone aus der Balance

Frankreich-Krise

Eurozone aus
der Balance

Von Heidi Rohde

Die Stabilität der Eurozone fußt auf den Säulen Frankreich und Deutschland. Bricht eine weg, droht das Gebilde zu kippen.

Wie gewöhnlich braucht es keine handfeste Regierungskrise, um die Märkte zu alarmieren. Die Renditen der zehnjährigen Staatsanleihen Frankreichs haben schon vor Wochen das Niveau von Griechenland oder auch Italien erreicht, beides Länder, die im Zentrum der in der Eurozone 2010 ausgelösten Staatsschuldenkrise standen. Auch die Ratingagenturen blicken schon seit längerem mit Sorge auf die ausufernde französische Staatsverschuldung. S&P hatte im Februar den Ausblick ihres „AA–"Ratings“ auf negativ gesetzt, nachdem 2024 ein Haushaltsdefizit von 6% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufgelaufen war.

Verschuldung wächst schnell

Die nun offensichtlich gewordene fehlende politische Reformkraft lässt für die künftige Entwicklung nichts Gutes ahnen. Vor allem die gestiegenen Finanzierungskosten dürften sich als wesentlicher Hemmschuh erweisen, denn derzeit muss Frankreich bereits rund 70 Mrd. Euro für seine Zinslasten aufbringen, ein Betrag, der nach Einschätzung der Experten den jährlichen BIP-Zuwachs aufzufressen droht. Einen Primärüberschuss hat das Land seit 2001 nicht mehr erzielt, so dass die Prognosen eine Ausweitung der Verschuldung auf knapp 120% des BIP in den nächsten Jahren befürchten lassen.

Dramatisch wachsende Kluft

Die Grande Nation wird deshalb nicht unmittelbar den IWF zu Hilfe rufen müssen. Aber das ökonomische Szenario offenbart eine dramatisch wachsende Kluft zwischen Frankreich und Deutschland, was angesichts der zentralen Bedeutung beider Länder in der Architektur der Eurozone ein Fanal für die Gemeinschaft ist: Zwischen den zehnjährigen Staatsanleihen, die in Deutschland mit 2,64% rentieren und in Frankreich mit 3,41%, klafft ein Spread von 77 Basispunkten, die Defizitquote war in Frankreich zuletzt doppelt so hoch wie hierzulande, die Staatsverschuldung gemessen am BIP ebenfalls. Von zwei tragenden Säulen einer Brücke in Europa wackelt eine bedenklich.

Dies ist umso mehr besorgniserregend, weil das Land mit ähnlichen politischen Fährnissen kämpft wie Deutschland: ein ausuferndes Sozialsystem, vor allem bei der Rente, und Lösungsansätze wie eine Reichensteuer, die mehr Anklang findet als Einsparungen. Ein Unterschied fällt allerdings auf: Das Nettohaushaltsvermögen ist in Frankreich im Mittel mit 277.000 Euro deutlich geringer als in Deutschland mit 317.000 und eines der niedrigsten unter den großen Ländern Europas. Da ist weniger abzuschöpfen.