KommentarSteuerpolitik

Einfacher ist nicht nur wachstumsfreundlicher, sondern auch gerechter

Die Rufe nach Steuererhöhung für Vermögende, Erben und Unternehmen werden immer lauter. Doch Vorsicht: Ohne Entschlackung des Steuersystems kann der Schuss nach hinten losgehen.

Einfacher ist nicht nur wachstumsfreundlicher, sondern auch gerechter

Steuerpolitik

Einfacher ist
auch gerechter

Von Stephan Lorz

Vor dem Hintergrund jüngster Forderungen aus SPD, Grünen, Linkspartei und von Gewerkschaften, wahlweise die Reichen- und Erbschaftssteuer zu verschärfen und/oder die Vermögensteuer wieder einzuführen, ist der Hinweis der International Tax Foundation äußerst wertvoll: Nicht nur die Steuerbelastung ist ausschlaggebend für Wachstumserfolg und Gerechtigkeitswirkung einer Steuerpolitik, sondern es kommt auch auf die Komplexität und Neutralität des Systems an. Vielfach suggerieren hohe Steuersätze nur eine abstrakte Gerechtigkeit. Vermögende Steuerzahler sehen sich schon heute hohen Steuersätzen gegenüber, liegen wegen vieler Ausnahmetatbestände aber oft weit darunter – oder sie nutzen die Komplexität steuergestaltend aus. Wegen der vielen Eingriffe in das Steuersystem wird zudem der Preismechanismus beeinträchtigt, es kommt zu Fehlallokationen und das Wachstum bleibt schwach.

Das ist wohl auch der Politik hinlänglich bekannt. Und trotzdem fühlt sie sich berufen, der Öffentlichkeit gegenüber zu betonen, wie viel „gerechter“ es in Deutschland durch Steuererhöhungen zugehen würde. Leider verfängt diese Denke, weil moralisch argumentiert wird und Wechselwirkungen ausgeblendet werden. Bevor über neue Steuern oder Steuererhöhungen nachgedacht wird, sollte also zunächst eine Vereinfachung angestrebt werden. Viele Fördertatbestände haben sich überlebt, und manche Steuerkorrekturen sind längst verpufft. Das ist nicht unähnlich zum Sozialsystem, dem das Ifo-Institut auch eine zu hohe Komplexität bescheinigt, und weshalb viele Instrumente dort nicht zielgerecht zum Einsatz kommen.

Über die „gerechte“ Belastung von Unternehmen und Vermögenden, Erben und Einkommen muss man selbstverständlich debattieren. Natürlich gilt dabei das Prinzip, dass starke Schultern mehr tragen sollen als schwache. Doch darf dabei unser Wohlstandsmotor Markt und Kapitalismus nicht abgewürgt werden – denn dann würden alle ärmer. Aber vielleicht ist der Steuersozialismus in manchen Augen ja ein so hohes Gut, dass man trotzdem einen Systemwechsel anstrebt.


Bericht zum Thema internationaler Steuerwettbewerb