Feudale Kosten
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Feudale Kosten
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von Gesche Wüpper, Paris
Konzerte, Pflanzenmärkte, Escape-Games oder Picknicks in Weiß: Immer mehr französische Schlösser versuchen, ihre Einnahmequellen zu diversifizieren, egal, ob sie dem Staat oder Privatbesitzern gehören. Denn sie alle kämpfen mit demselben Problem. Die Subventionen für Baudenkmäler sinken, während die Kosten für Unterhalt und Instandhaltung steigen. Dazu kommt der Klimawandel, der gerade den rund 120 Schlössern des Loire-Tals zusetzen dürfte. Insgesamt gibt es mehr als 46.000 denkmalgeschützte Bauten in Frankreich, darunter mehr als 45.000 Schlösser und Herrenhäuser.
Chambord, nach Versailles das mit 1,1 Millionen Besuchern am zweitstärksten besuchte Schloss des Landes, ist ein Beispiel dafür, wie die Diversifizierung gelingen kann. Die staatliche Domäne deckt ihre Betriebskosten dank der Einnahmen zu 105% ab. Zu verdanken hat sie das auch der Entscheidung vor zehn Jahren, Weinstöcke anzupflanzen und die Markenrechte für den Namen zu vermarkten. Pro Jahr verkauft sie inzwischen 50.000 Flaschen Wein. Eine Kiste mit sechs Flaschen Schaumwein kostet 90 Euro, eine Kiste Rot- oder Weißwein 108 Euro.
Schlossprodukte ziehen
Insgesamt haben die drei schlosseigenen Boutiquen Chambords letztes Jahr Verkäufe über 4,3 Mill. Euro verbucht, während sich die Gesamteinnahmen Chambords auf 31 Mill. Euro beliefen. Das benachbarte Château de Cheverny wiederum profitiert davon, dass es dem belgischen Comic-Zeichner Hergé als Vorlage für das Château de Moulinsart diente, das deutsche Leser von „Tim und Struppi“ als Schloss Mühlenhof kennen. Die Besitzer haben in Absprache mit der Hergé-Stiftung eine dauerhafte Ausstellung dazu eingerichtet und eine zweite Boutique mit Tim und Struppi-Produkten eröffnet.
Das nicht weit entfernt gelegene Château de Chenonceau will in diesem Jahr ebenfalls eine zweite Schlossboutique für hochpreisige Produkte zwischen 200 und 500 Euro eröffnen. Das Schloss von Katherina de Medici muss seine Gemäuer auch gegen den Klimawandel schützen. Nicht nur, weil ein Teil über den Fluss Cher gebaut worden ist, sondern weil die Loire-Gegend laut einer Studie von Réseau Action Climat in Frankreich am stärksten vom Klimawandel betroffen sein wird. Dem Baudenkmal setzen neben Hochwasser auch Dürre-Perioden im Sommer zu.
Teure Instandhaltung
Das rund 60 Kilometer südöstlich von Paris gelegene Château de Vaux-le-Vicomte sucht nun ebenfalls nach weiteren Einnahmequellen. Es befindet sich seit 1876 in Besitz der Familie de Vogüé. Mit 330.000 Besuchern pro Jahr und 75 festangestellten Mitarbeitern kommt es auf einen Umsatz von 10 Mill. Euro. Rund 10% der Einnahmen stammen von Veranstaltungen, Foto- und Filmarbeiten und ähnlichem. Doch all das reicht nicht, um die teuren Renovierungs- und Instandhaltungsarbeiten finanzieren zu können. Der Staat schießt pro Jahr 300.000 Euro dafür dazu. Nach Angaben von Ascanio de Vogüé, der das Anwesen zusammen mit seinen zwei Brüdern verwaltet, fehlen 2 Mill. Euro pro Jahr.