Fishing for Compliments auf Weltniveau
China verfügt über die mit Abstand größte Fischfangflotte in der Welt. Die Netze werden nicht nur in territorial umstrittenen Gewässern des Südchinesischen Meeres überall ausgelegt, sondern längst auch entlang des afrikanischen Kontinents und in Südamerika. Wo immer lokale Küstenwachen nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel oder organisatorischen Fähigkeiten verfügen, um illegale oder zumindest ökologisch bedenkliche Fischereiaktivitäten zu kontrollieren, sind chinesische Kutter unterwegs, um an den Freuden der Globalisierung zu partizipieren und die stetig wachsende Nachfrage chinesischer Verbraucher nach Fischeiweiß und Meeresfrüchten zu befriedigen.
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Die Fähigkeit, im hinterletzten Winkel der Welt etwas Verwertbares einzufangen und zu goutieren, überträgt sich auch in die diplomatische Szene. Es gilt jedweden möglicherweise vorhandenen Zuspruch zu dem Governance-Stil der Kommunistischen Partei und ihrem wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Segen für die Weltgemeinschaft aufzuspüren und medial zu verwerten. Dazu verfügt man in Peking über eine Armada an journalistischen Helfern, deren Job darin besteht, die Liste der mehr als 200 bei den Vereinten Nationen anerkannten Länder nach geeigneten „Fangsubjekten“ abzuklappern.
Chinas Staatsmedien haben unbegrenzten Bedarf an schmeichelhaften Botschaften über das glorreiche Wirken der Partei, die nachweislich aus dem Ausland stammen. Man sucht Menschen, die – egal ob sie auf einem bolivianischen Hochplateau oder einem winzigen Inselchen im Indischen Ozean wohnen – sich anscheinend brennend für China interessieren, den Pekinger Machtapparat glühend bewundern und genau dies der Welt mitteilen möchten. Wer einen Titel trägt oder eine Funktion ausübt, die in irgendeiner Form repräsentativ klingt und Gravitas verleiht, braucht nicht lange zu warten, bis er im Kommunikationsnetz des Komplimente-Suchapparats zappelt. Ob Venezuela, Vietnam oder Vanuatu spielt keine Rolle. Jede Wortmeldung und Grußbotschaft wird begeistert zitiert und in der Presse prominent platziert.
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Höhepunkt der diesjährigen Fangsaison war die zweite Oktoberhälfte mit dem großen Parteikongress zur feierlichen Bestellung und Bestätigung der Führungsmannschaft für die kommenden fünf Jahre. Die Redaktionsteams der Staatsmedien haben alles gegeben, um Beifall in der Weltgemeinde aufzuspüren und diesen journalistisch korrekt zu dokumentieren und seitenfüllend wiederzugeben. Das Ergebnis lässt sich sehen, und die Liste der unter riesigen Schlagzeilen veröffentlichten ausländischen Gratulationen ist lang und geografisch hervorragend diversifiziert.
Picken wir uns doch einfach mal ein paar Namen aus der Fan(g)gemeinde heraus: Da wäre zum Beispiel Révérien Ndikuriyo, seines Zeichens Secretary-General of the National Council of the Defense of Democracy Forces for the Defense of Democracy in Burundi. Er trägt einen Titel, der ihn sogar mit doppelter Gewähr als glühenden Verfechter demokratischer Ideale ausweist. Eindrucksvoll sicherlich auch, dass Laouan Magagi, President of the Democratic Renewal Party and Minister for Humanitarian Action and Disaster Management in Niger, mit an Bord ging.
Aus einer anderen Ecke der Weltkarte, nämlich den heute Ost-Timor genannten Molukkeninseln kommend, hängt der Präsident der People’s Liberation Party und Premier von Timor-Leste gerne an der Angel. Er freut sich über ein „brüderlich-nachbarschaftliches Verhältnis“ mit China und seiner Einheitspartei, das von „gegenseitigem Vertrauen“ geprägt ist. Das vielleicht schönste Lob kommt tatsächlich aus Vanuatu. Wie in der „China Daily“ zu lesen ist, bewundert Bob Loughman als Präsident der Vanua’aku-Partei und Premier der südpazifischen Inselgruppe insbesondere die „volksnahe Governance-Philosophie der KP“. Er ist dementsprechend gerne bereit, die „Vanuatu-China Comprehensive Strategic Partnership“ auf ein immer höheres Niveau zu bringen.
(Börsen-Zeitung,