KommentarGeldpolitik

Glaubwürdigkeit ist alles

Die Bank of England will mit ihrer Leitzinserhöhung um 50 Basispunkte Entschlossenheit demonstrieren. Allerdings liegt es nicht in ihrer Macht, die Inflation wieder auf den Zielwert von 2,0% zurückzuführen. Die Faktoren, die für die langfristige Entwicklung der Teuerung eine entscheidende Rolle spielen, kann sie nicht beeinflussen.

Glaubwürdigkeit ist alles

Bank of England

Glaubwürdigkeit ist alles

Von Andreas Hippin

Allen Entschlossenheits­bekundungen zum Trotz: Auf wesentliche Faktoren der Preisentwicklung hat die Notenbank keinen Einfluss.

Die Bank of England hat sich mit einem Knall in die Sommerpause verabschiedet. Mit einer Erhöhung des Leitzinses um 25 Basispunkte hatte fast jeder gerechnet. Doch nachdem die Inflationsdaten im Mai das vierte Mal in Folge über den Erwartungen lagen, entschieden sich die Geldpolitiker der Notenbank für einen Schritt von 50 Basispunkten, um ihre Entschlossenheit zu demonstrieren. Das ist ein ganz anderer Weg als die Zinserhöhungspause, für die sich ihre Kollegen von der Federal Reserve entschlossen haben. Dort ist die Inflation aber auch deutlich zurückgegangen, während sie sich in Großbritannien hartnäckig hält. Nachdem die Kernrate im Mai auf den höchsten Stand seit März 1992 stieg, blieb dem geldpolitischen Komitee eigentlich keine andere Wahl mehr, um seine Glaubwürdigkeit zu erhalten. Es musste zu den großen Zinsschritten zurückkehren, von denen es sich im März verabschiedet hatte. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Land doch noch in die Rezession rutscht, die man glaubte vermeiden zu können.

Dabei kann die Notenbank – aller Entschlossenheit zum Trotz – die Faktoren, die langfristig die Preisentwicklung bestimmen, nicht wesentlich beeinflussen. Deshalb hätte sie sich auch die lange Phase der niedrigen Inflation nicht als Verdienst anrechnen dürfen, die Faktoren wie der Globalisierung, dem chinesischen Beitritt zur Welthandelsorganisation und dem Siegeszug des Internets geschuldet war. Nun hat sich der Wind gedreht und die Bank of England wird in die Verantwortung für etwas genommen, das sie mit ihren Werkzeugen ebenso wenig dirigieren kann: die hohe Inflation, die auf den Krieg in der Ukraine, den engen Arbeitsmarkt und die niedrige Produktivität in Großbritannien zurückzuführen ist. Es ist auch kein Problem der Geldpolitik, wenn sich Salatgemüse verteuert, weil kühles Wetter in den Anbauländern für eine spätere Ernte sorgt. Es wäre der Glaubwürdigkeit der Zentralbank dienlich, wenn sie bei Gelegenheit auf die Grenzen der eigenen Wirkungsmacht hinweisen würde. Die eigenen Fehler der vergangenen Jahre zuzugeben, würde ebenfalls helfen.

Dann wäre die Bank of England nicht gezwungen, das Land in eine Rezession zu drücken, um Entschlossenheit zu beweisen. Die nun getroffene Entscheidung macht einen weiteren Schritt von 50 Basispunkten wahrscheinlicher. Bis zum Jahresende stehen 1,3 Millionen Festzins-Hypotheken zur Refinanzierung an. Das deutlich schrumpfende verfügbare Einkommen dieser Haushalte wird sich unmittelbar auf die Verbrauchernachfrage auswirken.