Völlig losgelöst
Fußball-Transfers
Völlig losgelöst
Von Philipp Habdank
Der Fußball entkoppelt sich vom tristen wirtschaftlichen Umfeld. Während am M&A-Markt Ebbe herrscht, wird der Transfermarkt mit Geld geflutet.
Vöööllig losgelöst, von der Eeerde“, könnte es am Sonntag im Kölner Rhein-Energie-Stadion wieder aus 50.000 Kehlen schallen. Dort trifft die deutsche Fußball-Nationalmannschaft dann im Rahmen eines WM-Qualifikationsspiels auf die Auswahl von Nordirland. Doch nicht nur Fußballfans heben nach einem erzielten Tor der Nationalmannschaft in Ekstase frei nach Peter Schillings Major Tom ab und entschwinden völlig schwerelos in einem Raumschiff der irdischen Realität.
Englische Premier League sorgt für Transferrekord
Auch das Fußballgeschäft schwebt längst über den Dingen. Denn während die deutsche Wirtschaft auf das dritte Rezessionsjahr in Folge zusteuert, die Welt im von US-Präsident entfesselten Zollkrieg versinkt und Unternehmen wie Investoren in wirtschaftlicher Vernunft große Übernahmen meiden, läuft der Fußball-Transfermarkt heiß. Fast 10 Mrd. Dollar haben Fußballvereine allein in der abgelaufenen Sommer-Transferperiode für neue Spieler ausgegeben.
Dem Weltverband FIFA zufolge sind das nicht nur 50% mehr im Vergleich zur Vorjahresperiode, sondern auch absolut betrachtet ein neuer Transferrekord. Allen voran die Clubs aus der englischen Premier League fluten den Markt mit Geld. Ihre Ausgaben summierten sich auf mehr als 3 Mrd. Dollar. Keine andere Liga gab so viel Geld für neue Spieler aus.
Das Geschäft mit Emotionen
FC-Bayern-Patron Uli Hoeneß zeigte sich diese Woche im Rahmen einer Veranstaltung fassungslos, ob dieser Entwicklung. Wohl auch, weil sein FC Bayern – der mit weitem Abstand finanzstärkste deutsche Fußballverein – diesen Sommer gleich bei zwei Wunschspielern leer ausging. Florian Wirtz wechselte für bis zu 150 Mill. Euro lieber von Leverkusen nach Liverpool und auch den Stuttgarter Nick Woltemade zog es für bis zu 90 Mill. Euro ins englische Newcastle.
In diesen Sphären wird selbst dem FC Bayern die Luft zu dünn. Wirtschaftlich befindet sich die Premier League längst auf einem anderen Planeten. Das liegt neben enormen TV-Einnahmen – ein englischer Aufsteiger erhält mehr Fernsehgelder als der deutsche Meister – vor allem an Investorengeldern. US-Unternehmer liefern sich mit Finanzinvestoren und arabischen Staatsfonds einen Wettstreit um die Vorherrschaft in der schönsten Nebensache der Welt – und erlösen Milliarden mit den großen Emotionen.