Luxusgut statt Fortbewegungsmittel
Blickfeld
Luxusgut statt Fortbewegungsmittel
Während andere Autohersteller im Krisenmodus sind, laufen die Geschäfte bei Ferrari und Lamborghini als gäbe es keine Probleme in der Welt. Branchenkenner sind überzeugt: Die Zölle machen die exklusiven Sportwagen „Made in Italy“ sogar noch begehrter.
Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand
Der Kontrast ist eklatant: Volkswagen, Mercedes-Benz, Stellantis, BMW und Porsche haben für das erste Halbjahr deutliche Gewinnrückgänge oder gar Verluste vermeldet. Die italienischen Sportwagenbauer Ferrari und die Audi-Tochter Lamborghini weisen dagegen operative Margen um die 30% aus.
Ferrari aus Maranello bei Modena steigerte im ersten Halbjahr 2025 nicht nur die Auslieferungen leicht auf 7.087 Einheiten. Das Betriebsergebnis stieg sogar mit einem Plus von 15% auf 1,1 Mrd. Euro deutlich stärker als der Umsatz, der um 9% zunahm. Die Marge wuchs im zweiten Quartal gegenüber dem ersten von 30,3% auf 30,9%. Das ist einzigartig in der Branche.
Andere Autohersteller können von solchen Zahlen nur träumen. Lediglich Lamborghini aus Sant’Agata Bolognese, einen Steinwurf vom Ferrari-Sitz entfernt, hält mit einer im Halbjahr leicht rückläufigen Marge von 26,6% bei einem stabilen Umsatz und einem Absatz von 5.681 Einheiten mit.
Ferrari ist optimistisch und bestätigte die Jahresziele. Nicht einmal die US-Strafzölle können den ausschließlich in Italien produzierenden Hersteller schrecken, der zu 21,2% von der Holding Exor der Fiat-Erbenfamilie Agnelli/Elkann kontrolliert wird. CEO Benedetto Vigna hat sogar die ursprünglich erwartete Verringerung der Marge um 50 Basispunkte in diesem Jahr wieder zurückgenommen. Für das Gesamtjahr werden ein Umsatzzuwachs von mindestens 5% auf mehr als 7 Mrd. Euro und eine Marge von mehr als 29% angepeilt.
Dabei tragen die USA bei Ferrari und Lamborghini fast ein Drittel zum Absatz bei. Analysten etwa von Bernstein Research glauben aber nicht, dass sich Kunden wegen vielleicht höherer Preise zurückziehen. Im Gegenteil: Damit würden die Autos sogar noch exklusiver werden.
Ferrari toppt Porsche
Trotz der im Branchenvergleich guten Zahlen gab der Ferrari-Aktienkurs seit der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen am 31. Juli deutlich nach. Der Börsenwert sank seither um etwa 10 Mrd. Euro. Mit einer Kapitalisierung von 74 Mrd. Euro ist Ferrari aber immer noch fast doppelt so viel wert wie der wesentlich größere Rivale Porsche.
Für Analysten wie Tom Narayan von RBC ist das der richtige Zeitpunkt zum Einstieg: „Die Zahlen sind gut, das Geschäftsmodell stabil – und die Aktie ist jetzt schlicht günstig“, findet er. Sein Kursziel: 554 Euro. Bei einem Kurs von derzeit 383 Euro ist da noch Luft nach oben. Stephen Reitman von Bernstein Research spricht von einer „Reaktion auf übertriebene Erwartungen“. Sein Kursziel: 452,50 Euro. Beide geben Kaufempfehlungen ab.
Ferrari verzeichnete im ersten Halbjahr sowohl in der Region Europa/Mittlerer Osten, dem mit 3347 Verkäufen wichtigsten Markt, als auch in Amerika mit einem Absatz von 2015 Einheiten, leichte Verkaufszuwächse. Im zweiten Quartal stieg der Absatz in Amerika sogar noch.

Ferrari begründet die Margenverbesserung mit einer günstigeren Verkaufs- und Preismischung: Besonders gut liefen renditestarke Fahrzeuge wie der 830 PS-starke Plug-In-Hybrid Sportwagen 296 GTS. Auch der neue SUV Purosangue, die Zwölfzylinder-Modelle und individualisierte Sportwagen, die gut und gerne 2,5 Mill. Euro oder mehr kosten können und sehr hohe Margen abwerfen, waren stark gefragt.
Später Elektroeinstieg
Im kommenden Jahr will Ferrari den ersten reinen Stromer vorstellen. Bei Lamborghini soll das erste Elektrofahrzeug, der viersitzige Lanzador, 2029 präsentiert werden. Beide Hersteller sagen, es komme nicht darauf an, der Erste zu sein, sondern der Beste. Rivale Porsche, der schon viel länger elektrifizierte Fahrzeuge anbietet, ist da vielleicht ein warnendes Beispiel – denn viele Kunden wollen weiterhin lautstarke Verbrenner.
Bei der Hybridisierung ihrer Modelle sind sowohl Ferrari, als auch Lamborghini weit fortgeschritten. Bei Lamborghini beträgt der Verkaufsanteil inzwischen fast 80%. Bei Ferrari entfallen 45% des Absatzes auf Hybrid-Fahrzeuge.
Die Resultate der beiden italienischen Sportwagenmarken stehen in starkem Kontrast zu zwei Kontrahenten: Porsche spielt mit 146.000 Auslieferungen im ersten Halbjahr zwar vom Volumen her in einer anderen Liga. Der Stuttgarter Autobauer hat jedoch wohl für längere Zeit Abschied vom Margenziel von 20% genommen und kam im ersten Halbjahr nur noch auf 5,5 (Vj: 15,7)%. Die zum Stellantis-Konzern gehörende Luxusmarke Maserati wiederum kam bei rund 4.200 Verkäufen auf eine Negativmarge von 37,7%. Doch Stellantis dementiert immer wieder aufkommende Verkaufsgerüchte.
Vergleichbar mit Hèrmes
Für Branchenspezialisten wie Andrea Giuricin, Ökonom mit dem Schwerpunkt Transport an der Mailänder Bicocca-Universität, sind die italienischen Edelmarken nicht mit anderen Autoherstellern vergleichbar, sondern eher mit absoluten Luxus-Unternehmen wie Hermès. Sie betreiben eine gezielte Verknappung, um die Exklusivität zu bewahren. „Unsere Kunden kaufen Autos nicht, weil sie sie brauchen, sondern weil sie sich einen Traum erfüllen wollen“, sagt Lamborghini-CEO Stephan Winkelmann. Dafür müssen sie oft zwei Jahre Wartezeit auf sich nehmen.
Bei Stückpreisen von 200.000 Euro an aufwärts ist die Preissensibilität und die Abhängigkeit der Kunden von Konjunkturzyklen generell begrenzt. Und die Zahl der Superreichen, die sich so einen Boliden leisten können und wollen, wächst rasant weiter. Viele von ihnen haben gleich mehrere Ferrari oder Lamborghini in der Garage stehen. Auch bei jüngeren Leuten kommen die Boliden gut an. Bei Lamborghini beispielsweise sind 40% der Kunden unter 40.
Auch für erfolgreiche Jung-Unternehmer oder gut betuchte Erben ist der Kauf eines Ferrari oder eines Lamborghini also nach wie vor die Erfüllung eines Traums.