Neues Denken – aber bitte nicht bei den Sparkassen
Sparkassentag
Neues Denken – aber bitte woanders
Von Sebastian Schmid
Michael Jackson mag bis heute als Person umstritten sein. Musikalisch wusste er aber, wo Veränderung ihren Anfang nehmen muss: „I'm starting with the man in the mirror.“ Auf dem Deutschen Sparkassentag in Nürnberg wurde hingegen einmal mehr deutlich, warum in Europa einiges scheinbar unabänderlich ist. Beim Gedanken an eine europäische Banken- und Kapitalmarktunion sieht Sparkassenpräsident Ulrich Reuter nämlich rot.
Nicht bei eigenen Instituten anfangen
Während er dem Land attestiert, es brauche ein „neues Denken“, will er bei den eigenen Mitgliedsinstituten nicht anfangen. Gegenüber Brüsseler Planspielen zu gemeinsamen europäischen Sicherungsfonds werde der Verband „klare Kante“ zeigen. Er wolle schließlich nicht, „dass ferne Bankkonzerne mit ihrer Geschäftspolitik weltweit indirekt in unsere Sicherungskassen greifen können.“ Abschottung auf sparkässisch. Solide ist in der Wahrnehmung des bayerischen Sparkassenpräsidenten offenbar nur die eigene Gruppe.
Das passt natürlich gut zur kommunalen Trägerschaft. Denn die Eigentümerschaft ist im buchstäblichen Sinne provinziell. Der ebenfalls in Nürnberg anwesende bayerische Ministerpräsident Markus Söder durfte sich wohlfühlen. Sein Vertrauen endet schließlich auch oft an der Landesgrenze. Deutschland dürfe nicht für Einlagen anderer europäischer Staaten haften müssen. „Hände weg von der Einlagensicherung.“ Dass Söder die Sparkassen gemeinsam mit den Volksbanken zu den seriösesten Instituten der Branche zählt, dürfte so manchen Genossen der Raiffeisenbank im Hochtaunus amüsiert haben. Die ist wegen Immobiliengeschäften in Schieflage geraten.
So wäre die EU nie entstanden
Generell lässt sich festhalten, dass mit einer solchen Einstellung nie eine Europäische Union entstanden wäre. Und auch kein Nato-Bündnis, bei dem Mitgliedsstaaten nicht nur mit Geld, sondern sogar mit ihren Leben füreinander einstehen wollen. Was bräuchte es, um Missbrauch einer europäischen Einlagensicherung zu verhindern? Klare Rahmenbedingungen und Regeln für Mitgliedschaft und Aufnahme.
Um ein solches Rahmenwerk überhaupt zu erarbeiten, braucht es allerdings einer Grundbereitschaft, sich vom Status Quo gedanklich zu lösen. Standfestigkeit ist da fehl am Platz. Die Aufforderung zu neuem Denken erfolgte eben nicht mit dem Blick in den Spiegel, sondern mit einem Fingerzeig auf andere.