Noch Potenzial für Finanzmarktreformen
Reformen für die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes hierzulande sind in der sich dem Ende zuneigenden Legislaturperiode etwas zu kurz gekommen. Es gab zwar eine Reihe von Novellen, etwa zu einem Europastandard für Pfandbriefe oder einer passgenaueren Aufsicht über Wertpapierfirmen. Die meisten davon hatten ihren Ursprung allerdings in Brüssel und wenig mit eigener politischer Gestaltung hierzulande zu tun. Auch die erneute Gesetzesänderung im Kampf gegen Geldwäsche mit einer europaweiten Vernetzung von Unternehmensregistern und der Einbeziehung des Immobiliensektors in die Kontrolle fällt in diese Kategorie. Das Anlegerschutzstärkungsgesetz war noch ein Restant aus dem Insolvenzfall des Frachtcontainerunternehmens P&R und verbietet künftig weitgehend den Vertrieb von Blindpools. Der Bundesrat billigte in der letzten Sitzung einen eigenen Entwurf zur Novelle des Börsengesetzes, der auf die Initiative von Hessen zustande kam. Das Vorhaben soll den Finanzbehörden einfacheren Zugriff auf Informationen der Börsen und Börsenaufsichtsbehörden erlauben. Der Entwurf wird aber nur an den Bundestag überwiesen. So bald wird da nichts geschehen, da Ende September erst einmal neu gewählt wird.
Das politisch heftig diskutierte Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) hatte die schwarz-rote Koalition nicht auf der Agenda, als sie 2018 antrat. Doch es wurde bitter nötig nach dem Wirecard-Skandal und soll nun die schwer angekratzte Reputation des Finanzplatzes Deutschland wieder aufpolieren. Alle bilanzrechtlichen Kontrollsysteme und die Finanzaufsicht hatten bei dem Dax-Konzern versagten. Die Novelle steht mittlerweile im Bundesgesetzblatt. Sie bleibt aber ein Reparaturgesetz. Bei der Finanzaufsicht BaFin ist noch einiges zu tun, berichtetet Finanzstaatssekretär Jörg Kukies den Mitgliedern des Finanzausschusses in der vergangenen Woche. Das FISG sei „der Anfang, nicht das Ende“, zitiert der Bundestagsnewsletter „Hib“ Kukies aus der nicht öffentlichen Sitzung. Die Abgeordneten hatten den Staatssekretär eingeladen. Kukies zufolge wird bei der BaFin die Hinweisgeberstelle gestärkt, das Beschwerdemanagement digitalisiert und das Know-how für digitale Geschäftsmodelle verbessert werden. Für die stärkere Rolle des Präsidenten und neue Entscheidungsmechanismen in der Führungsetage der Behörde ist das Ministerium laut Kukies derzeit dabei, die Statuten anzupassen.
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Eigene Gestaltung verspricht ein neuer Antrag der FDP im Bundestag. Die Fraktion liefert darin ein knappes Dutzend konkrete Ideen, wie das Ökosystem für Börsengänge und die Aktienkultur hierzulande ausgebaut werden könnte. Sie fordert eine Expertenkommission, die ausarbeitet, wie die „Regelungen des Börsengangs flexibilisiert“ werden können. Auch kleine und mittlere Unternehmen sollen sich über den Kapitalmarkt finanzieren. Dieser Bundestag wird den Antrag kaum noch behandeln. Die FDP gibt damit aber eine Visitenkarte für die nächste Legislaturperiode ab.