Iveco

Nutzfahrzeugkonzern nimmt Kurs auf die Börse

Die Zerlegung des einstigen Fiat-Konzerns geht weiter. Nun kommt der Lkw-Hersteller Iveco an die Börse. Im Vergleich zur Konkurrenz fehlt dem Unternehmen allerdings kritische Masse.

Nutzfahrzeugkonzern nimmt Kurs auf die Börse

Am 3. Januar startet mit der Iveco Group ein weiterer Nutzfahrzeugkonzern an den Börsen in New York und Mailand. Bisher ist Iveco Teil des italienisch-amerikanischen Bau- und Landmaschinenkonzerns CNH Indus­trial (Case New Holland). Mit der Abspaltung und dem Börsengang setzt sich die Zerlegung des einstigen Fiat-Konzerns fort. Bestandteil der neuen Gesellschaft werden Nutzfahrzeuge (Iveco), Busse (Iveco und Heuliez), Spezialfahrzeuge (Magirus), Militärfahrzeuge, die Powertrain-Sparte und Finanzdienstleistungen sein.

Großaktionär Exor, der 26,9% der CNH-Anteile kontrolliert und auch beim Autokonzern Stellantis, bei Ferrari, Juventus Turin und anderen Unternehmen wichtige Beteiligungen hält, verspricht, langfristig an Bord zu bleiben. Jeder CNH-Anteilseigner soll für fünf seiner Papiere einen Iveco-Anteilschein erhalten. Das Gesamtvolumen des Spin-offs wird auf 5 bis 10 Mrd. Euro geschätzt.

CNH folgt einem Trend: Denn zum 10. Dezember geht auch die Daimler-Nutzfahrzeugsparte Daimler Truck AG an die Börse. Schon zuvor hatte Volkswagen ihr Geschäft mit Transportern und Lastwagen mit den Marken VW, MAN, Scania und Navistar unter dem Namen Traton ausgegliedert und separat an die Börse gebracht.

Investoren mögen klar fokussierte Unternehmen. Zwischen Mähdreschern oder Traktoren und Lastwagen wie bei CNH gibt es kaum Synergien. Produkte, Märkte, Kunden und gesetzliche Vorschriften unterscheiden sich stark voneinander.

Eine separate Börsennotierung bietet ferner die Chance auf die Schaffung von Mehrwert. Das weiß niemand besser als die Holding Exor der Familien Agnelli/Elkann: Sie hat durch die diversen Ausgliederungen des früheren Fiat-Konzerns ihr Vermögen deutlich gemehrt. Im Vorfeld der Ausgliederung von Iveco hat der Aktienkurs von CNH Industrial massiv zulegt: innerhalb von zwölf Monaten um 93%. Die Börsenkapitalisierung erreicht nun 22,3 Mrd. Euro.

Gebremstes Wachstum

Die fokussierten Nutzfahrzeugkonzerne müssen nicht mit anderen Konzernteilen um die Mittel für Investitionen konkurrieren. Das ist gerade in der Phase des tiefgreifenden Umbaus der Branche von großer Bedeutung. Die Nachfrage ist nach der Coronakrise in Nordamerika und Europa stark gewachsen. Doch der Chipmangel bremst den Sektor massiv.

Zu den weiteren Herausforderungen gehört die Internationalisierung. Branchenführer Daimler Trucks ist mit Freightliner führend in Nordamerika, auch in China sehr aktiv und baut dort mit Partner Beiqi Foton gerade ein neues Werk für Schwerlaster. Auch Traton, die gerade die amerikanische Navistar übernommen hat, errichtet ein Werk in China. Und Volvo, zu deren Aktionären die chinesische Geely gehört und die mit Mack in Nordamerika präsent ist, ist mit mehreren Joint Ventures im Reich der Mitte aktiv – einem Markt, der für mehr als die Hälfte des weltweiten Lkw-Marktes steht. Iveco ist nur in Europa und Südamerika nennenswert vertreten, hat aber auf einem anderen Gebiet für Aufsehen gesorgt.

Teil der Börsenstory Ivecos ist das Joint Venture mit dem US-Start-up Nikola: In Ulm wurde gerade die gemeinsame Vorserienfertigung des Elektrolasters Nikola Tre auf Basis des Iveco-Schwerlasters S-Way aufgenommen. Noch wirkt die klinisch reine Fertigungsstätte wie ein Labor. Die Stückzahlen sind überschaubar, die ersten Fahrzeuge sollen an Kunden in den USA ausgeliefert werden. Doch schon 2023 soll ein Wasserstoffantrieb folgen. Rund 250 Mill. Euro investiert CNH in das Vorhaben. Doch ohne massive öffentliche Subventionen, klare gesetzliche Vorgaben zur Förderung alternativer Antriebe und den Ausbau der Ladeinfrastruktur wird es noch dauern mit dem Durchbruch dieser Antriebsformen.

Iveco hat ein Ausrufezeichen gesetzt. Aber auch die anderen Konzerne arbeiten mit Hochdruck an der Entwicklung alternativer Antriebe.

Und Iveco ist im Vergleich zu Daimler, Traton, Paccar (mit DAF), Volvo und chinesischen Herstellern wie FAW und Dongfeng mit einem Umsatz von 12,4 Mrd. Euro (Januar bis September 2021), davon 8,9 Mrd. Euro mit Nutzfahrzeugen, klein. Die Marge von 2,5% liegt weiter hinter den 10,7% bzw. 11,7% von Scania und Volvo, die der absolute Maßstab in der Branche sind, aber auch hinter Daimler (in Europa und Brasilien 4,5%).

Es gibt viel zu tun für den deutschen CEO Gerrit Marx. Nur in Italien (Marktanteil von 33,4% im Segment über 3,5 Tonnen) und in Spanien kommt Iveco vor allem dank des erfolgreichen Kleintransporters Daily auf nennenswerte Anteile. Europaweit sind es bei Trucks über 7,5 Tonnen 9,0% und bei leichten Nutzfahrzeugen 12,9%. Rund 80% des Um­satzes bei Trucks werden in Europa erwirtschaftet, 10% in Südamerika. Anderswo ist Iveco kaum präsent.

Iveco ist wohl zu klein, um allein zu überleben, und dürfte irgendwann Teil eines größeren Konglomerats werden. Es gibt Spekulationen, FAW Jiefang könnte nach dem Börsengang einsteigen, um so in Europa Fuß zu fassen. Die Chinesen, weltweit die Nummer 2, wollten die Italiener Anfang 2021 für 3,5 Mrd. Dollar übernehmen, doch Rom untersagte damals eine Übernahme.

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