Teslas Misere raubt Autobauern Illusionen
Teslas Misere
raubt Illusionen
Von Sebastian Schmid
Autohersteller
Wieder einmal steht der Kaiser der
E-Autobauer ohne Kleider da. Die Produktion von Tesla, die im ersten Quartal um magere 4% gewachsen war, hat von April bis Juni nur um 2% zugelegt. Die Bewertung entspricht mit rund einer Billion Dollar weiter der eines Tech-Konzerns mit immensem Wachstumspotenzial. Doch wer will heute darauf wetten, dass die Robotaxis von Tesla den Weltmarkt erobern? Laut Daten der US-Verkehrsbehörde zählen Model Y und Model S zu den 25 Fahrzeugen mit der höchsten Todesraten umgerechnet auf gefahrene Kilometer – trotz Autopilot.
Nicht wirklich Magnificent 7
Wann Tesla aus den „Magnificent 7“, dem inoffiziellen Eliteclub der Tech-Giganten, rausfliegt, ist nur eine Frage der Zeit. Denn die anderen Mitglieder können etwas vorweisen, was dem E-Auto-Pionier abgeht: Amazon dominiert den Onlinehandel. Microsoft steht bei PC-, Office-und Kommunikationssoftware an der Spitze. Alphabet ist König der Online-Suche und Smartphone-Betriebssysteme. Nvidia hat die Kategorie der KI-Chips quasi erfunden. Meta ist in Social Media führend. Und Apples iOS ist die profitabelste Plattform mit der höchsten Kundenbindung weltweit. Wer fehlt in der Aufzählung? Tesla. Der E-Autobauer dominiert keinen Markt und seine Kundenbindung basiert nicht auf einer genialen Plattform sondern auf der Anziehungskraft eines visionären Konzernchefs mit zunehmender Sehstörung.
Spaltmaße sekundär
Die Probleme Teslas sind für die deutschen Rivalen jedoch kein Grund zum Aufatmen. In Wolfsburg beschäftigt man sich ohnehin lieber mit sich, wie die überraschende Trennung von Personalvorstand Gunnar Kilian am Freitagnachmittag gezeigt hat. Globale Dominanz wird so sicher nicht erreicht. Autos sind eine Commodity und Spaltmaße für viele Kunden sekundär geworden. Sogar Softwarevorteile, wie sie Tesla lange hatte, erweisen sich als flüchtig. Wie gering die Markteintrittsbarrieren für Tech-Konzerne sind, hat der chinesische Smartphone-Anbieter Xiaomi zuletzt vorexerziert. Teslas Aufstieg zur Billionen-Firma gab manchem Manager die Illusion, am Ende der Transformation könne eine goldene Ära der Mobilität stehen. Teslas Misere hat ihnen diese Illusion geraubt. Das Auto verliert seine Ausnahmestellung und dient nur noch als mobile Ausprägung des digitalisierten Lebensraums der Menschen. Wer daran am meisten verdient, ist offen. Unternehmen mit riesiger Personaldecke und gigantischen Produktionsnetzwerken werden es aber kaum sein.