Leitartikel Steuerdeal mit der G7

Trump patzt bei der Mindeststeuer

US-Präsident Donald Trump will die globale Mindeststeuer für US-Unternehmen verhindern. Dabei sind die G7 der falsche Deal-Partner dafür.

Trump patzt bei der Mindeststeuer

Mindeststeuer

Trump handelt mit Zitronen

US-Präsident Donald Trump will die globale Mindeststeuer für US-Unternehmen verhindern. Allerdings sind die G7 der falsche Deal-Partner dafür.

Von Angela Wefers

Für die Europäer ist es noch einmal gut gegangen. Das US-Omnibusgesetz – the One Big Beautiful Bill Act – hat alle gesetzliche Hürden ohne die von Präsident Donald Trump angedrohte sogenannte Rachesteuer genommen. Die „Section 899“ wurde aus dem Entwurf gestrichen. Die USA hätten damit Unternehmen und Investoren aus Ländern mit „unfairen Steuern“ mit zusätzlichen Abgaben von bis zu 20% belegen können. Zuvor hatte die Gruppe der sieben führenden Industrienationen (G7) erklärt, die globale Mindesteuer auf US-Unternehmen fallen zu lassen. Wie dieses Versprechen umgesetzt werden kann, ist allerdings völlig unklar. Trump hat den Deal mit den falschen Partnern gemacht.

US-Finanzminister Scott Bessent zufolge befreit die Abkehr von der Mindeststeuer US-Unternehmen im Ausland in der nächsten Dekade von rund 100 Mrd. Dollar. Heruntergebrochen aufs Jahr und gemessen am US-Unternehmenssteueraufkommen ist der Effekt für die US-Wirtschaft vernachlässigbar. Vielmehr dürfte es Trump vor allem um die Autonomie der USA in der Besteuerung gegangen sein, also amerikanische Tech-Riesen aus Prinzip vor dem Zugriff ausländischer Fiski zu schützen: America first, America only. Zu dieser vermeintlich unlauteren Einmischung in US-Steuerangelegenheiten hatte sich Finanzministerin Janet Yellen von der demokratischen Vorgängerregierung noch 2021 in der G20 in Venedig bekannt, auch wenn die USA das Abkommen später nie vollständig ratifizierten. Mehr als 140 Staaten hatten sich auf das globale Mindeststeuerabkommen verständigt, bei dem die OECD die Regie geführt hatte.

Weltweite Steuer für große Konzerne

Demnach werden die weltweit erwirtschafteten Gewinne von Konzernen mit mehr als 750 Mill. Euro Umsatz zu mindestens 15% besteuert. Steueroasen in Europa wie Irland oder Ungarn mussten ihre Steuersätze dafür heraufsetzen. US-Unternehmen im Ausland sind von den Mindeststeuer weiter indirekt betroffen, wenn ihre Tochtergesellschaften in Niedrigsteuerländern operieren. Trump erklärte im Januar umgehend nach Amtsantritt zwar den Ausstieg aus dem globalen Mindeststeuerabkommen, konnte damit aber nicht alles ungeschehen machen. Denn Einiges war schon in Kraft.

Nur 30 Länder haben das globale Mindeststeuerabkommen bislang umgesetzt. Große Wirtschaftsnationen wie China oder die BRICS-Staaten, darunter Indien, haben die Steuer aber ebenso wenig eingeführt wie die USA. In Europa ist die Steuer indessen längst verankert. Deutschland hat die EU-Richtline 2023 umgesetzt. Die Steuer ist seit 2024 in Kraft. Da die OECD immer noch technische Details zu diesem komplexen Regelwerk nachliefert, muss auch deutsches Recht schon wieder novelliert werden. Das Bundesfinanzministerium legte im Dezember einen zweiten Diskussionsentwurf vor, der Klarheit und Erleichterung in der Praxis bringen soll. Die Mindeststeuer lebt – zumindest in Europa und in Deutschland. Sie ist Gesetz und muss weiter angewandt werden: auch auf US-Unternehmen.

Sorge um Wettbewerbsfähigkeit

Mögliche Änderungen sind somit erst in der OECD und Europa zu verhandeln. Die USA haben mit der G7 jedoch eine „Side-by-Side" Lösung vereinbart. Die nationale US-Mindeststeuer GILTI (Global Intangible Low-Taxed Income) dient als Rechtfertigung für ein Nebeneinander und eine Ausnahme von den OECD-Regeln. Befürworter der Mindeststeuer befürchten dadurch nun deren weltweites Aus. Kritiker beklagen den Wettbewerbsnachteil, wenn Europa eine einsame Insel der Mindestbesteuerung bleibt. Die Länderfinanzminister in Deutschland hatten im März an den Bund appelliert, diesbezüglich für Abhilfe zu sorgen.

Ein Ausstieg Europas aus der Mindestbesteuerung wäre aber gar nicht so leicht. Auch die Abschaffung erfordert Einstimmigkeit. Kein EU-Land allein kann eine gemeinschaftlich beschlossen Steuer aussetzen, auch nicht für US-Unternehmen. Und die Europäer in der G7 – Deutschland, Frankreich, Italien – können nicht für ganz Europa sprechen. Sie können in Brüssel allenfalls darauf hinwirken, eine Lösung zu finden. Trump hat erst einmal mit Zitronen gehandelt.

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