Deka und Co. verpassen ihre Chance bei Kleinanlegern
Fonds und Private Markets
Verpasste Chancen
Von Philipp Habdank
Die Private Markets öffnen sich immer weiter für Privatanleger. Union Investment und Deka haben dabei den größten Hebel, nutzen ihn bisher aber kaum.
Die privaten Kapitalmärkte wollen sich immer weiter für Privatanleger öffnen. Das ist von vielen verschiedenen Seiten so gewollt. Von der Fondsindustrie sowieso, da sie sich in der Mittelbeschaffung eine neue Investorengruppe erschließt, die mehr Gebührenwachstum bringt. Aber auch von der Politik, die gigantische transformative Projekte vor der Brust hat und für ihre Wahlversprechen Finanzierungslösungen finden muss. Und vielleicht gibt es wirklich auch den ein oder anderen Privatanleger da draußen, der von sich aus denkt: Mensch, mit Beteiligungsgesellschaften und großen Infrastrukturinvestoren beschäftige ich mich jetzt schon seit Jahren. Ich will endlich selbst in diese intransparente und illiquide Anlageklasse investieren, um mein ausgereiftes Aktien- und Anleiheportfolio breiter aufzustellen.
Aber auf wie viele Privatanleger trifft das bitte zu? Wo doch in Europa 33 Bill. Euro unproduktiv auf Tagesgeldkonten oder in Staatsanleihen herumliegen, wie Deutsche-Börse-Chef Stephan Leithner immer wieder betont. Der deutlich weniger komplexe und viel transparentere Aktienmarkt hat es schon schwer, den europäischen konservativen Sparer zu einem mutigen Investor zu machen. Welche Erfolgschancen haben dann die ungleich komplexeren und erklärungsbedürftigen Private-Markets-Produkte? Größere, als man vielleicht denken mag, was die Branche unter anderem den sogenannten European Long-Term Investment Funds (kurz: Eltif) zu verdanken hat. Die Ratingagentur Scope schätzt, dass das Eltif-Volumen bis Ende 2027 auf 65 bis 70 Mrd. Euro ansteigen wird.
Private Markets als Teil der privaten Altersvorsorge
Über den Eltif will die EU mehr Marktteilnehmern Zugang zu Investitionen in Infrastrukturprojekte und außerbörslich gehandelte Unternehmensbeteiligungen ermöglichen. Im Grundsatz ist das auch eine sehr gute Idee. Mit ihrem langfristigen Anlagehorizont, der verglichen mit liquiden Kapitalmarktprodukten deutlich niedrigeren Volatilität und historisch guten Renditen eignen sich Privatmarktinvestments theoretisch perfekt als Baustein für die private Altersvorsorge. Das Ding ist nur: Diese Produkte müssen verstanden werden. Der lange Anlagehorizont muss diszipliniert eingehalten werden. Und: Die privaten Märkte sind allein schon per Definition nicht so transparent wie beispielsweise die Aktienmärkte, was es für Privatanleger schwer macht, die richtigen Fonds auszuwählen. Es gibt spezialisierte Datenbanken wie etwa Pitchbook oder Preqin, doch die sind für Privatanleger extrem teuer.
Damit die von der Fondsbranche viel zitierte „Demokratisierung“ der privaten Kapitalmärkte nachhaltig ein Erfolg wird, braucht es zwei Dinge: mehr Transparenz und mehr Aufklärung. Dazu gibt es bereits vielversprechende Ansätze im Markt. Ratingagenturen wie Scope oder Morningstar tragen mit ihren Publikationen und Analysen zur Transparenz bei. Der Europäische Investitionsfonds (EIF) will zusammen mit Blackrock eine kostenlose Datenbank bauen, wo Anleger Venture-Capital- und Private-Equity-Fonds besser miteinander vergleichen können. Anbieter wie Privatize arbeiten an Wissensdatenbanken und betreiben damit ebenfalls Aufklärung zu Private Markets.
Privatkundenberater der Banken sind der Schlüssel
Entscheidend ist aber, dass die Aufklärung nicht nur beim privaten Endkunden erfolgt. Noch viel wichtiger ist es, dass die Mitarbeiter bei Banken und Fintechs geschult werden. Sie sind der wahre Schlüssel in der Demokratisierungsbewegung, denn sie haben den direkten Zugang zum Privatkunden. Über den größten Hebel in der deutschen Assetmanagement-Industrie verfügen dabei wahrscheinlich Union Investment und Deka. Die Fondshäuser der Genossenschaftsbanken und Sparkassen haben mit ihrem großen Filialnetz schließlich den perfekten Privatkundenzugang.
Die Deka bietet derzeit allerdings noch überhaupt keine Private-Markets-Produkte für Privatanleger, Union Investment hat im kleinen Stil damit angefangen. Dafür versuchen Neobroker wie Scalable oder Fintechs wie Nao Privatanleger direkt anzusprechen. Der Geist ist aus der Flasche, die Demokratisierungswelle rollt und wird in den kommenden Monaten noch deutlich an Fahrt zunehmen.