Volksbanken im Ländle unter Fusionsdruck
Volksbanken im Ländle unter Fusionsdruck
Die Institute in Magstadt-Weissach und Konstanz müssen im Zuge zweier Feuerwehraktionen bei jeweils größeren Partnern eingegliedert werden
Von Thomas Spengler, Stuttgart
In der genossenschaftlichen Bankengruppe von Baden-Württemberg stehen zwei Verschmelzungen mit unterschiedlichen Ursachen an. In beiden Fällen aber handelt es sich um Rettungsmaßnahmen für wirtschaftlich angeschlagene Institute.
Institut gilt als „akut gefährdet“
Da macht sich zum einen die Volksbank Oberschwaben-Bodensee mit Sitz in Tettnang daran, die Volksbank Konstanz zu übernehmen. Und da ist zum anderen die Vereinigte Volksbanken eG mit 5,25 Mrd. Euro Bilanzsumme und Sitz in Sindelfingen, die die angeschlagene, mit 273 Mill. Euro Bilanzsumme wesentlich kleinere VR-Bank Magstadt-Weissach übernimmt. Ende Juni machten deren Vertreterversammlungen den Weg frei für eine Feuerwehraktion, bei der der Große den Kleineren vor dem Kollaps bewahren soll.

Der Volksbank Stuttgart war die Sache offenbar zu heiß, als sie Fusionsverhandlungen mit Magstadt-Weissach nach kurzer Zeit im Januar abgebrochen hat. Nicht von ungefähr konstatiert der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband (BWGV) in seinem Verschmelzungsgutachten, dass Magstadt-Weissach wegen unzureichender quantitativer und qualitativer personeller Ausstattung „akut gefährdet“ sei. Es soll sogar erwogen worden sein, den Bankbetrieb einzustellen. Offenbar war es der VR-Bank zeitweise kaum mehr gelungen, qualifiziertes Personal zu gewinnen.
Unzureichende Ertragslage
Vor dem Hintergrund eines auf 4,9 Mill. Euro angewachsenen Jahresverlustes (2024) kennzeichnet der BWGV die Ertragslage als „vollkommen unzureichend“. Jörg Niethammer, Vorstandschef der übernehmenden Bank, rechnet zwar auch für 2025 mit einem Verlust aus dem VR-Bank-Geschäft, hebt aber auch die Chancen auf Marktanteilsgewinne im Geschäftsgebiet von Magstadt-Weissach westlich von Stuttgart hervor. Hinzu kämen zu erwartende Synergieeffekte und Kostensenkungen aufgrund der Rückholung outgesourcter Aufgaben, wie er auf der Vertreterversammlung sagte. 2029 sollen die Finanzkennzahlen laut Verschmelzungsgutachten dann wieder so glänzen, als hätte es die Fusion nie gegeben.
BVR gibt Sicherungsgarantie
Doch offenbar scheint man dem Braten nicht so recht zu trauen. Weshalb sonst ließ man sich eine Sicherungsgarantie des BVR in den Verschmelzungsvertrag reinschreiben? Ganz nach dem Motto: Geht die Sache schief, springt der Verband per Sicherungsvereinbarung ein. Dieses Instrument machen Kritiker dafür mitverantwortlich, dass Vorstände von Genobanken immer mal wieder stärker ins Risiko gehen als geboten.
Volksbank Konstanz gesteht eigene Fehler ein
Keine Unterstützung durch den BVR wird indessen im Fall der Volksbank Konstanz mit einer Bilanzsumme von 1,6 Mrd. Euro benötigt, die vor der Übernahme durch die 3,3 Mrd. Euro schwere Volksbank Oberschwaben-Bodensee in Tettnang steht. Dies gelte sowohl für den Fall vor als auch nach der Verschmelzung, wie ein Sprecher sagt.
Dass die Fusionsnot in Konstanz dennoch groß ist, wird aber am Bodensee nicht verschwiegen. „Wir sind einfach zu klein“, sagte Vorständin Sabine Meister noch im März vor Vertretern. Dadurch sei der Aufwand sowohl für Regulatorik und Meldepflichten als auch für Investitionen überproportional hoch. Hinzu komme, dass bei der Größe der Bank dem zunehmenden spezialisierten Beratungsbedarf insbesondere von Firmenkunden nur mit großen Anstrengungen entsprochen werden könne.
Darüber hinaus gesteht Meister auch eigene Fehler in einer Sache ein, die an den Fall der sogenannten Effenberg-Bank erinnert. So, wie bei der in eine Schieflage geratene VR-Bank Bad Salzungen-Schmalkalden der ehemalige Fußball-Profi Stefan Effenberg in seinem Milieu Bankgeschäfte anleiern sollte, war es in Konstanz Tomislav Primorac, aus dessen Netzwerk Vermittler für die Volksbank Immobilienkredite an Land ziehen sollten. Mit dem Stuttgarter, der sich auf seiner Webseite unter dem Namen „Immo Tommy“ als Europas größten Immobilien-Influencer bezeichnet, hat allerdings die Volksbank anscheinend nicht direkt Geschäfte gemacht, sondern mit einem Kreditvermittler aus seinem Umfeld. Diese haben laut Rechtsanwalt Georgios Aslanidis von der Esslinger Kanzlei AKH-H für Baufinanzierungen der Volksbank geworben, die ohne Eigenkapital möglich seien, und dazu noch ohne Risiko.
„Kreditunterlagen manipuliert“
Wohnungen, die sich als fremdgenutzte Kapitalanagen quasi von selbst finanzieren und durch Steuervorteile noch einen Gewinn abwerfen würden, hätten sich als „Schrottimmobilien“ entpuppt. „Tatsächlich wurden Kreditunterlagen von den Vermittlern durch manipulierte Scans gefälscht“, sagt Aslanidis, der rund 15 Mandate vertritt, die Immo Tommys Umfeld und die Volksbank Konstanz betreffen. Alle Termine mit Bank und Notar wurden vom Vertrieb arrangiert. Kreditunterlagen und Zusagen seien durch den externen Vertrieb über das Portal Baufinex hochgeladen worden, das von der Bausparkasse Schwäbisch Hall gegründet wurde.
Bank sieht sich als Betrugsopfer
Mittlerweile hat die Bank 80 auffällige Kreditengagements identifiziert, wovon bei 20 mit einem Gesamtvolumen von 28 Mill. Euro ein Risikovorsorgebedarf von 5 Mill. Euro festgestellt wurde. Insgesamt türmt sich der Wertberichtigungsbedarf bei Krediten auf 22,9 Mill. Euro, weshalb das Institut Reserven in Höhe von 15 Mill. Euro aufgelöst hat.
Weil man sich als „Opfer eines Betrugs“ sieht, wie Meister sagt, hat die Volksbank längst Strafanzeige gegen den Kreditvermittler und seine Helfer aus „Immo Tommys“ Netzwerk, aber auch gegen ehemalige Bankmitarbeiter gestellt. Den Umstand, dass sich die Volksbank in der Opferrolle sieht, kennzeichnet Aslanidis wiederum als „unverantwortlich“. Schließlich könne sich das Institut nicht aus der Verantwortung stehlen, indem man die Prüfung der Kreditunterlagen den Vermittlern überlässt.
Auch Schwäbisch Hall mit im Spiel
Pikant ist zudem, dass auch Schwäbisch Hall mit im Spiel ist. Hat doch die zur genossenschaftlichen Gruppe gehörende Bausparkasse eine Reihe von Immobilienkrediten durch Bausparverträge abgesichert, sich aber von dem, in diesem Kontext tätigen Handelsvertreter bereits 2024 getrennt.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt und den raschen Abschied des Konstanzer Vorstands Martin Schuhmacher im Februar 2025 mit „Immo Tommy“ in Verbindung bringt. Erst im Juni wurden zwei Vorstände aus Tettnang zu gleichzeitigen Vorständen in Konstanz berufen, um das Vieraugenprinzip mit Vorständin Meister zu sichern. Im Grunde klingt dies wie eine vorweggenommene Übernahme, obwohl in diesem Fall die Vertreterversammlungen erst am 7. und 15. Juli über den Zusammenschluss formal entscheiden.