Trumps Ärger mit der Demokraten-Hochburg
Trumps Ärger mit der lokalen Polizei
Notiert in Washington
Von Peter De Thier
Jimena G. aus El Salvador erinnert sich genau an die frühen Morgenstunden eines Dienstags nach Ostern. Die Putzkraft bereitete sich auf ihre Frühschicht in einem Hotel in Arlington, Virginia, vor. Die Familie schlief noch fest. Plötzlich hörte Jimena ein lautes Klopfen an der Tür der Zweizimmerwohnung. „ICE, öffnen Sie sofort die Tür, wir suchen Luis G.!“, sagte ein Agent der Grenzschutzbehörde mit erhobener Stimme.
Verängstigt und mit zitternden Händen öffnete Jimena die Tür. Zwei bewaffnete Männer, die sich nicht auswiesen, drangen in das Apartment ein, traten die Tür zum Schlafzimmer auf und rissen Luis, der legal in den USA lebt, aus dem Bett. Binnen weniger Minuten waren sie weg, ihr Mann in Handschellen. Jimena konnte durch das Fenster sehen, wie er auf den Rücksitz eines schwarzen Jeeps gedrückt wurde. „Bis heute habe ich Luis nicht wiedergesehen und habe keine Ahnung, wo er ist“, sagt sie.
Nacht- und Nebelaktionen
Die Nacht- und Nebelaktion spielte sich so ähnlich dutzende Male in Arlington ab. Nun haben lokale Politiker jedoch zurückgeschlagen und damit leitende Vertreter der Regierung von US-Präsident Donald Trump in Rage versetzt. „Menschen ohne ein Gerichtsverfahren auf Nimmerwiedersehen in ausländische Gefängnisse zu schicken ist einfach falsch, da mussten wir etwas unternehmen“, sagt Maureen Coffey, Mitglied der Arlington Stadtrats. Nach bisheriger Rechtslage war es der Polizei in Arlington nämlich erlaubt, verdächtige Ausländer an ICE zu melden. Das hat der Stadtrat nun durch die Streichung einer entsprechenden Verordnung verboten. Auch dürfen sie in keiner anderen Form mit der Grenzschutzbehörde kooperieren.
Zum Hintergrund: Die ethnisch diverse Stadt, die gegenüber von Washington an der anderen Seite des Flusses Potomac liegt, ist eine demokratische Hochburg. CNN wählte Arlington vor einigen Jahren zu der Großstadt mit dem höchsten Bildungsgrad in den USA. Beheimatet sind dort neben dem Pentagon und der Drogenbehörde DEA auch der Arlington Nationalfriedhof und die neue Ostküstenzentrale von Amazon. So vielfältig und weltoffen die „Arlingtonians“ sind, hat eine klare Mehrheit von ihnen eines gemeinsam: Sie sind keine Fans von Trump. Bei der letzten Wahl brachte es der Republikaner in Arlington gerade mal auf 19,5% der Stimmen. Fast 80% der Wähler wollten die Demokratin Kamala Harris als Präsidentin sehen.
Arlington eine „Sanctuary Jurisdiction“
Der Beamte Rich N. wettert gegen die rabiate Vorgehensweise von ICE. Er nennt sie „Gestapo-Methoden, die unsere unschuldigen Nachbarn terrorisieren.“ Anders sieht es das Weiße Haus. Das Heimatschutzministerium hat als Reaktion auf die Weigerung der lokalen Polizei, mit ICE zusammenzuarbeiten, Arlington zu einer „Sanctuary Jurisdiction“ gestempelt. Dies hat zur Folge, dass Trump nun „taktische ICE-Einheiten“ in einige der friedlichsten Vororte Washingtons schicken kann. „Ich traue es ihm zu“, sagt Rich N. „und wenn das geschieht, dann ist der Polizeistaat perfekt“.