KommentarRentenpolitik

Zurück in die Zukunft

Die Rentenreformer in der Vergangenheit hatten mehr Mut bewiesen als die parteipolitischen Akteure heute. Statt echter Reformen gibt es Klassenkampfparolen zur Linderung der demografischen Probleme.

Zurück in die Zukunft

Kommentar

Zurück in die Zukunft der Rente

Von Stephan Lorz

„Verschlimmbesserung“ scheint die Devise der Bundesregierung zu sein, wenn es darum geht, das Rentensystem zukunftsfest zu machen. Statt das Umlageverfahren zu stabilisieren, indem man etwa den Renteneintritt hinauszögert oder sich beim Rentenniveau damit begnügt, nur die Kaufkraft zu sichern, wird die Lage erst einmal verschlechtert: Mit Verweis auf die „Rentnerarmut“ zementiert man das Rentenniveau, auch wenn das von den jüngeren Generationen mit nochmals stärker steigenden Beiträgen finanziert werden muss. Und ein späterer Rentenbezug wird mit Abscheu zurückgewiesen, weil es sich dabei doch nur um eine „Rentenkürzung“ handele.

Und was künftige Reformen angeht, will Berlin erst einmal eine Expertenkommission einsetzen. Konkrete Reformvorschläge sind dann erst 2027 zu erwarten. Dabei nimmt der Reformdruck rapide zu, steigen die Beiträge schneller als angekündigt. Obendrein gab es schon viele Kommissionen vorher, deren Reformvorschläge alle in die gleiche Richtung gingen: Rentenhöhe, Renteneintritt, Kapitaldeckung und demografischer Faktor. Die „neuen“ Experten werden das Rad wohl nicht neu erfinden.

Angst um das Wählerpotenzial

Die Angst scheint groß, dass sich die Senioren als Wählerpotenzial bei schmerzhaften Reformen von den Regierungsparteien abwenden. Wer mehr seine parteipolitische Karriere und weniger das Land im Blick hat, sieht sich zudem durch das Schicksal von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bestätigt, der seinerzeit die Hartz-Reformen gegen öffentlichen Widerstand durchboxte, dann aber abgewählt wurde. Dabei fungierten seine Reformen wie ein Wachstumskatalysator, und der Arbeitsmarkt fasste wieder Tritt. Letztlich scheiterte er jedoch an der eigenen Partei, die sich lieber dem „Widerstandskampf“ auf der Straße anschloss, als Verantwortung für Deutschland zu übernehmen.

Stimmungsmache mit Klassenkampf

Bei der Rente ist die Lage heute eigentlich eine andere. Kaum jemand glaubt mehr daran, dass sie sicher ist – auch nicht mit „Haltelinie“. Aber nach wie vor meint vor allem die SPD, die Situation parteipolitisch ausnutzen zu müssen, weil sie sich mit fiktionalen Rentenversprechen mehr Zuspruch verspricht. Zudem macht sie mit Klassenkampfparolen Stimmung gegen „die da oben“. Das passt auch zu ihrem neuen Selbstverständnis als „Linkspartei“. Sie will schlicht mehr Geld ins System holen über einen höheren Bundeszuschuss, votiert für mehr Umverteilung innerhalb der Rente (Babyboomer-Soli) und für Steuererhöhungen. Damit wird das demografische Problem natürlich nicht gelöst. Die Steuer- und Abgabenlast wächst weiter, der Faktor Arbeit wird verteuert und das Wachstum gebremst.

„Zurück in die Zukunft“ sollte eher das Motto der Bundesregierung lauten. Reformvorbilder wären neben Schröder Walter Riester und Franz Müntefering (beide auch SPD). Warum hatten sie damals mehr Mut als die Akteure heute? Dabei gilt: Wer zu zaghaft ist, verspielt die Zukunft – und die dürfte auch Senioren wichtig sein, weil sie schließlich zur Gegenwart ihrer Kinder und Enkel wird.