KommentarEU-Budget

Zweckdienliche Schnappatmung

Einige Vorschläge der EU-Kommission für das Langfrist-Budget der EU sind einer intensiven Diskussion wert. Auch über Beiträge von Unternehmen lohnt sich die Debatte.

Zweckdienliche Schnappatmung

EU-Budget

Zweckdienliche Schnappatmung

Von Detlef Fechtner

Die EU startet den Verhandlungsmarathon über die künftige Finanzierung der Union. Und alle sind auf den Bäumen! Die Regionen laufen Sturm, weil sie fürchten, dass sie aus der Vergabe der Milliarden für Kohäsionsprojekte rausgedrängt werden. Die nationalen Regierungen sind auf Krawall gebürstet, weil kolportiert wird, die EU-Kommission wolle den Gesamtumfang des mehrjährigen Finanzrahmens auf 1,7% der Wirtschaftskraft ausweiten – weit entfernt von der Ein-Prozent-Marke, die sich viele Staaten eigentlich vorstellen. Das EU-Parlament ist stinksauer, weil es um seinen Einfluss aufs europäische Geld bangt. Denn die EU-Kommission will sich mit dem Konzept nationaler Partnerschaftsabkommen selbst in eine Schlüsselrolle bringen. Und schließlich machen auch die Unternehmensverbände mobil. Denn erstmals steht der Vorschlag im Raum, Firmen mit mehr als 50 Mill. Euro Jahresumsatz an der Finanzierung der Europäischen Union zu beteiligen.

Kurzum: Ursula von der Leyen macht sich dieser Tage mit ihren Überlegungen zum Langfristbudget wenig Freunde. Trotzdem hat sie einen guten Punkt. Denn es wäre politisch fahrlässig, würde sie – nur um Kontroversen aus dem Weg zu gehen – das aktuelle Sieben-Jahres-Budget einfach weiterschreiben. Zumal es daran berechtigte Kritik gibt. Und zumal die Welt sich verändert hat und andere Schwerpunkte erfordert.

Insofern ist die Schnappatmung aller Beteiligten überaus zweckdienlich. Denn es braucht eine offene Diskussion ohne Tabus – und dafür ist es hilfreich, wenn sich alle herausgefordert fühlen. Einige Vorschläge der EU-Kommission sind es durchaus wert, darüber intensiver zu diskutieren. Das gilt für die Flexibilisierung der Entscheidung über die Ausgaben. Aber auch für die Einbeziehung von Unternehmen als Beiträger zum Budget. Denn bei kluger Ausgestaltung könnte die EU auf diese Weise Geld bei US-Big-Tech abzapfen, ohne eine Digitalsteuer zu erheben. Zudem könnte sich die EU bei dieser Gelegenheit endlich von einigen untauglichen alternativen Finanzierungsideen verabschieden, etwa vom ewigen Loch-Ness-Gespenst einer Finanztransaktionssteuer.


Bericht zum neuen Brüsseler Finanzrahmen:

Brüssel will EU-Budget umkrempeln

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