Streit um dritte Landebahn für Heathrow eskaliert
Streit um dritte Landebahn für Heathrow eskaliert
Streit um dritte Landebahn für Heathrow eskaliert
Ende des Monats will Verkehrsministerin Heidi Alexander entscheiden, wie die Expansion von Londons wichtigstem internationalen Flughafen vonstatten gehen soll. Die Arora Group hat einen billigeren Vorschlag als der Betreiber.
Von Andreas Hippin, London
Der ehemalige BT-Chef Philip Jansen steht offenbar kurz davor, das Amt des Chairmans beim Betreiber des Londoner Flughafens Heathrow zu übernehmen. Erfahrung mit regulierten Geschäftsmodellen hat er ja. Doch der Streit darüber, wie die Kapazitäten des chronisch überlasteten Airports erweitert werden sollen, eskaliert. Sollten ihn die Eigner mandatieren, stehen Jansen aufregende Zeiten ins Haus.
Bin Ende des Monats will Verkehrsministerin Heidi Alexander (Labour) entscheiden, wie es weitergehen soll. Sean Doyle, der CEO von British Airways, forderte zuletzt, auf die vom Flughafenbetreiber geplante Verlegung der Ringautobahn M25 für eine dritte Start- und Landebahn zu verzichten. „Wenn es sich vermeiden lässt, die M25 zu verlegen, sollte man es vermeiden“, sagte Doyle auf einer Luftfahrtkonferenz in Westminster. Man müsse über eine kürzere Start- und Landebahn nachdenken.
150 Millionen Passagiere
Heathrow Airport Ltd hatte im Sommer einen 49 Mrd. Pfund schweren Ausbauplan präsentiert, der den Bau einer 3.500 m langen „North-Western Runway“ vorsieht. Sie soll die Kapazitäten auf 756.000 Flüge und 150 Millionen Passagiere pro Jahr ausweiten. Im vergangenen Jahr waren es 84 Millionen.
Für die M25 soll ein Tunnel unter dem Airport entstehen. Zudem ist eine Erweiterung zwischen den Anschlussstellen 14 und 15 vorgesehen. Ein neues Terminal (T5X) , der Ausbau von Terminal 2 und drei weitere Satelliten-Terminals sind ebenfalls vorgesehen. Terminal 3 wird dann überflüssig.
Billigere Alternative
Die Confederation of British Industry und andere Verbände sprachen in einem gemeinsamen Statement von „einer Investition in die Zukunft der Nation“. Schatzkanzlerin Rachel Reeves sprach sich für den Flughafenausbau aus. Doch tischte der Hotel-Tycoon Surinder Arora einen Gegenvorschlag auf, dessen Kosten mit 23 Mrd. Pfund angegeben wurden. Seine Runway wäre nur 2.800 m lang. Dafür müsste die vielbefahrene M25 nicht angetastet werden. Die kürzere Start- und Landebahn könne von allen Flugzeugtypen genutzt werden, die Heathrow anflögen, betonte seine Arora Group. Daran hatte es Zweifel gegeben.
Die Expansion dürfe nicht bedeuten, dass man die M25 in Europas größten Parkplatz verwandele, sagte Arora. „Das ist ein Moment, den es nur einmal in einer Generation gibt: endlich die Erweiterung von Heathrow zu liefern, die viele in der Airline- und Flughafen-Community gefordert haben.“ Vor allem Fluggesellschaften machen sich Sorgen um die Kosten des Ausbaus, die am Ende in Form höherer Gebühren auf Airlines und Passagiere umgelegt werden.
Unterstützung von Unternehmen
Eine Reihe von Unternehmen stellte sich bereits hinter den Flughafenbetreiber. „Wir fordern Sie dazu auf, sicherzustellen, dass das Wachstum von Heathrow von der Organisation geführt wird, die am besten positioniert ist, es zu liefern: Heathrow selbst“, heißt es in einem offenen Brief an die Verkehrsministerin. Zu den Unterzeichnern gehören die Chefs von Firmen, die in den Terminals vertreten sind: Burberry etwa, Caffè Nero und das Traditionskaufhaus Fortnum & Mason.

Am Beispiel Heathrow zeigt sich, dass Infrastrukturinvestments nicht unbedingt steigende Gewinne liefern. Die spanische Ferrovial gab ihre Beteiligung an Heathrow vor zwei Jahren an den französischen Finanzinvestor Ardian und den saudischen Staatsfonds PIF (The Public Investment Fund) ab. Sie war von einer Entscheidung der britischen Luftfahrtbehörde CAA nicht begeistert, die statt einer drastischen Erhöhung der Landegebühren, wie sie der Betreiber forderte, deren Senkung verfügt hatte.
Steigende Betriebskosten
Ardian ist nun mit 32,6% der größte Anteilseigner. Ebenfalls an Bord sind neben PIF die Qatar Holding und diverse Pensionsfonds. Für das erste Halbjahr 2025 zeigte die Betreibergesellschaft bei einem um 1,9% gestiegenen Umsatz ein um lediglich 0,8% höheres bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda).
Wachstumstreiber waren größere Flugzeuge und die stärkere Nachfrage nach Langstreckenflügen Richtung Asien und Nahost. Doch die bereinigten betrieblichen Kosten stiegen um 3,2%. Dazu trugen unter anderem gestiegene Stromkosten und die von Reeves erhöhten Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung bei. Das bereinigte Vorsteuerergebnis lag gar um fast ein Drittel (32%) unter Vorjahresniveau. Im zweiten Quartal zahlte man keine Dividende an die Anteilseigner.
Klimaschützer sind alarmiert
Während Arora den Heathrow-Eigentümern wenig Kopfschmerzen bereiten dürfte, könnten Klimaschützer für weit mehr Ärger sorgen. Londons Bürgermeister Sadiq Khan warnte bereits im August vor „schwerwiegenden Auswirkungen auf Fluglärm, Luftverschmutzung und das Erreichen unserer Klimaziele“. Das unabhängige Climate Change Committee, das von der Regierung in Klimafragen zu Rate gezogen wird, wurde noch nicht um seine Meinung gebeten, wie die BBC berichtete.
Reeves hatte sich für den Flughafenausbau im ganzen Land stark gemacht. Allerdings geschah dies unter dem Vorbehalt, dass er „in Übereinstimmung mit den rechtlichen, umwelt- und klimapolitischen Verpflichtungen Großbritanniens“ erfolgt. Dass eine derartige Erweiterung der Kapazitäten die ambitionierten Klimaziele des Landes gefährdet, dürfte klar sein. Net-Zero-Minister Ed Miliband dürfte sich beizeiten melden.
