Nationale Regierungen

Brüssels bange Blicke nach Warschau und Den Haag

Nach überraschenden Ankündigungen ist in Polen und den Niederlanden unklar, wer das Land demnächst regiert. In Den Haag wurden Neuwahlen ausgerufen, auch in Warschau kann es dazu kommen.

Brüssels bange Blicke nach Warschau und Den Haag

Brüssels bange Blicke nach Warschau und Den Haag

fed Brüssel

Höchste Aufmerksamkeitsstufe in Brüssel: In zwei Ländern stellt sich aufgrund überraschender Ankündigungen die Frage, wer dort künftig regieren wird. In Polen könnte es, in den Niederlanden wird es zu vorgezogenen Neuwahlen kommen. Und in beiden Fällen werden die Entwicklungen in den nächsten Wochen erhebliche Weiterungen für die Europäische Union haben.

In Polen hat Regierungschef Donald Tusk seine Schlussfolgerungen aus dem Wahlsieg des Rechtskonservativen Karol Nawrocki zum Präsidenten gezogen: Tusk will nächste Woche die Vertrauensfrage im Sejm stellen. Der 68-jährige Premier, der der liberal-konservativen Bürgerplattform angehört, muss fürchten, viele seiner angekündigten Reformen nicht gegen das Veto von Nawrocki durchsetzen zu können, denn der Präsident verfügt über umfangreiche Möglichkeiten, die Regierung auszubremsen. Deshalb, so glauben Beobachter, wolle sich der frühere EU-Ratspräsident Tusk nun der robusten Unterstützung der Parteien seiner Koalition versichern, um handlungsfähig zu bleiben, selbst wenn er zu Anpassungen des ursprünglich ausgerufenen Kurses gezwungen sein sollte.

Ein Scheitern Tusks bei der Vertrauensfrage wäre aus Brüsseler Sicht fatal. Denn in diesem Fall dürften Tusks Bemühungen, die Demontage demokratischer Verfahren durch die Vorgängerregierung unter Führung der rechten PiS wieder zu korrigieren, ein jähes Ende finden. Und bei Neuwahlen hätte die PiS durchaus wieder Chancen, an die Macht zu gelangen. Die Frage, wer Polen regiert, wiegt dabei aus Sicht der EU besonders schwer, weil das Land wirtschaftlich und politisch innerhalb der Europäischen Union erheblich an Bedeutung gewonnen hat. So ist Polen etwa beim Thema Verteidigungsfähigkeit Europas eine treibende Kraft. Zudem hat das französisch-deutsche Tandem zuletzt einen immer engeren Schulterschluss mit Polen gesucht.

Aber nicht nur beim östlichen Nachbarn Deutschlands ist politisch gerade viel in Bewegung, sondern auch bei einem seiner westlichen Nachbarn. Der erklärte EU-Gegner und islamophobe Rechts-Außen-Politiker Geert Wilders hat nach einem Streit über die Asylpolitik die Regierungskoalition platzen lassen. Die von ihm geführte Partij voor der Vrijheid will nicht länger am Bündnis mit der rechtsliberalen VVD, der konservativen NSC und der Bauernpartei beteiligt sein. Der parteilose Premier Dick Schoof hat verkündet, dass es nun Neuwahlen geben soll. Die wiederum bieten dem Oppositionsbündnis aus Grünen und Sozialdemokraten die Chance, einen Machtwechsel herbeizuführen. Aus EU-Sicht interessant: Die Bündnisfraktion wird von einem überzeugten Europäer geführt. Frans Timmermans war unter Jean-Claude Juncker stellvertretender EU-Kommissionschef.

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