Bundesratspräsident

Bodo Ramelow übernimmt Bundesrats­präsidentschaft

Bundesratspräsident scheint nur ein repräsentativer Posten zu sein. Bundesratspräsidenten haben schon Finanzmarktgeschichte geschrieben.

Bodo Ramelow übernimmt Bundesrats­präsidentschaft

wf

Der neue Bundesratspräsident hätte womöglich nicht Bodo Ramelow (Linke) geheißen, wenn die politischen Verhältnisse in Thüringen stabiler wären. Nach der zunächst missglückten Regierungsbildung im Frühjahr 2020 nach der Landtagswahl schien Ramelow ein Ministerpräsident auf Abruf zu sein. Nach zwei abgeblasenen Terminen für vorgezogene Neuwahlen im Gerangel mit der AfD ist Ramelow immer noch Thüringens Ministerpräsident und übernimmt als solcher zum 1.November von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) für ein Jahr das hohe Staatsamt. Haseloff bleibt als 1. Vizepräsident Teil des Präsidiums der Länderkammer. Zum 2. Vizepräsidenten wurde Hamburgs Regierungschef, Peter Tschentscher, gewählt.

Die Länderkammer wählte mit Ramelow den ersten Linken einstimmig an ihre Spitze. Der Wechsel folgt turnusgemäß und nach einer festgelegten Reihenfolge, um das Amt nicht wechselnden Mehrheiten und parteipolitischen Erwägungen auszusetzen. Grundlage ist die „Königsteiner Vereinbarung“ der Ministerpräsidenten von 1950. Damit werden auch alle Länder unabhängig von ihrer Größe gleichrangig behandelt. Der Bundesratspräsident hat – noch vor dem Kanzler – den zweithöchsten Rang im Staat. Er vertritt den Bundespräsidenten und übernimmt dessen Aufgaben, wenn der Bundespräsident in Urlaub oder der Posten vakant ist. Als Horst Köhler Ende Mai 2010 zurückgetreten war, übte der bis dahin bundesweit wenig bekannte Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen die Amtsgeschäfte aus. Dazu gehört es, Gesetze zu unterzeichnen, wenn sie von Bundestag und Bundesrat beschlossen sind. Diese können erst mit der Unterschrift des Bundespräsidenten in Kraft treten.

Ramelow kündigte nach seiner Wahl an, er wolle sich als Bundesratspräsident für das Zusammenwachsen in der Gesellschaft einsetzen. Damit will er ein Zeichen in diesem repräsentativen Amt setzen. Der Präsident hat aber auch formale Aufgaben in der Länderkammer. Er lädt zu den Plenarsitzungen ein und leitet diese. Damit kann er durchaus Einfluss auf politische Prozesse nehmen.

Im März 2002 passierte überraschend die zwei Jahre lang heftig umstrittene, vom damaligen Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) angestoßene Reform der Bundesbank den Bundesrat. Auslöser war die Sitzungsleitung. Zuvor war es unter der Führung des damaligen Bundesratspräsidenten Klaus Wowereit (SPD), Berlins Regierendem Bürgermeister, zum Eklat gekommen. Wowereit hatte die entscheidende Stimme Brandenburgs für das Zuwanderungsgesetz als Ja gewertet, obwohl die zerstrittene Landesregierung gleichzeitig mit Ja und Nein gestimmt hatte. Es brach Tumult aus. Die CDU-geführten Länder, darunter Ministerpräsident Roland Koch, verließen das Plenum unter Protest. Für den nächsten Tagesordnungspunkt fehlte die sicher gewähnte Mehrheit zur Anrufung des Vermittlungsausschusses: Damit trat vier Wochen später die Reform der Bundesbank in Kraft, mit der die eigenständigen Landeszentralbanken abgeschafft und der Einfluss der Länder beschnitten wurde.