Nachhaltigkeit

Das Made in Italy in die Welt tragen

2007 eröffnetet Oscar Farinetti sein erstes Eataly-Lebensmittelkaufhaus. Er hat das gastronomische „Made in Italy“ in die Welt getragen. Seine drei Söhne führen das nun fort.

Das Made in Italy in die Welt tragen

Von Gerhard Bläske, Mailand

Begonnen hat alles in Turin, in einer ehemaligen Wermutfabrik gleich neben der früheren Fiat-Zentrale im Stadtteil Lingotto. Hier eröffnete Oscar Farinetti 2007 sein erstes Eataly- Lebensmittelkaufhaus. Er hat das gastronomische „Made in Italy“ in die Welt getragen. Die Mittel stammten aus dem Verkauf der von ihm mit aufgebauten Elektronikmarktkette Unieuro. 41 Eataly-Häuser in 16 Ländern der Welt gibt es heute, eines davon in München.

Gründer Oscar beschäftigt sich inzwischen vor allem mit strategischen Fragen und entwickelt neue Ideen. Es sind seine drei Söhne Francesco, Nicola und Andrea, die das Imperium mit einem Umsatz von 600 Mill. Euro – ein Minus von 29% gegenüber 2019 – operativ führen.

Das neueste Projekt ist ein Kaufhaus für den Nicht-Lebensmittelsektor – ein nachhaltiges Gebäude ganz aus Glas, Stahl und Holz und mit einem Schraubenzieher komplett demontierbar. Der helle und lichte Bau mit seinen fünf Etagen grenzt an den ersten Eataly-Bau und soll Ausgangspunkt für eine internationale Expansion sein. Zusammen mit Partnern wie Galeries Lafayette sind in den nächsten zehn Jahren Häuser auch in Paris, London, Dubai, Tokio, Moskau, Los Angeles, Toronto und Schanghai geplant.

Francesco, Jahrgang 1980, ist der älteste Sohn des Firmengründers. Er leitet Green Pea (grüne Erbse), so der Name des Projekts, und war zuvor CEO von Eataly. Bruder Andrea ist für die Weingüter in Italien verantwortlich, Nicola ist Chef von Eataly.

Francesco, leger gekleidet in (selbstverständlich) nachhaltig produzierter Kleidung, berichtet, dass es sein Vater war, der vor zehn Jahren die Idee gehabt habe, „ein Eataly of things auf Basis der drei weltweit anerkannten Aktivposten Italiens zu schaffen: Nahrungsmittel, Mode und Möbel – alles im Zeichen der Nachhaltigkeit“. Er fügt hinzu: „Wir wollen Produkte anbieten, die nicht nur nachhaltig, sondern auch schön sind. Das Angebot umfasst alle Preiskategorien. Nachhaltigkeit ist ein Prozess, ein Marathonlauf, nicht ein Hundertmetersprint“, meint er. Doch ist Green Pea nicht auch ein Konsumtempel? „Ja“, gibt er zu. „Aber es brauchte einen Paradigmenwechsel. Weniger, aber besser kaufen.“ Auf seinem Hemd ist eine kleine grüne Erbse zu sehen, Symbol für Leben, für die Erde, für das Grüne. Alle Produkte, die hier verkauft werden, tragen es. 72 Hersteller aus den Bereichen Mobilität, Energie, Mode, Möbel bieten ihre Waren an. Auf dem Dach ist ein Club mit Relax-Zone, Pool, Sauna, Liegestühlen, Café und Restaurant. 50 Mill. Euro wurden investiert. Von den Partnern wird Transparenz erwartet. Sie müssen ein Nachhaltigkeitsmanifest unterschreiben und werden kontrolliert.

Vom KaDeWe inspiriert

Turin ist für Farinetti, der hier Unternehmenskommunikation studiert hat, immer noch die „Stadt der Innovationen“. In der Nähe, bei Alba, wo Franceso geboren wurde und mit Frau und zwei Kindern lebt, begann die Slow-Food-Bewegung, die auch Vater Oscar inspiriert hat.

Die Eröffnung von Green Pea erfolgte mitten in der Pandemie, am 9. Dezember 2020. Der Online-Auftritt soll nur der Information dienen. „Um Produkte zu kaufen, ist es notwendig, selbst zu kommen.“ Das sinnliche Erleben, das Anfassen, seien zentral, findet Francesco Farinetti. So wie bei Eataly, das gerade einen riesigen Lebensmitteltempel in London eröffnet hat, stehe auch das „Made in Italy“ im Vordergrund, sagt Farinetti. Er hofft auf jährlich drei Millionen Kunden. Nicht alles läuft immer so wie geplant: Das Konzept der 2017 in Bologna eröffneten Fico Italy World, einer Art Riesen-Supermarkt italienischen Lebensmittel-Know-hows, wurde verändert und ist jetzt eine Art Themenpark, für den Eintritt bezahlt werden muss.

Die Farinettis, die bei all ihren Projekten Partner mit an Bord haben, halten 58% an der Kontroll-Holding Eatinvest. Weitere Projekte seien in Vorbereitung. Ein Börsengang ist in Stand-by, „steht aber derzeit nicht auf der Tagesordnung“. Farinetti denkt an einen Eataly-Laden in Berlin: „Die Idee zu Eataly hatte mein Vater, als er die Lebensmittelabteilung des Berliner KaDeWe besuchte.“