Drahtseilakt für Daimler-Truck-CEO Karin Rådström
Drahtseilakt für Daimler-Truck-CEO Karin Rådström
Drahtseilakt für CEO von Daimler Truck
Von Stefan Kroneck, Stuttgart
Karin Rådström wirkt entschlossen. Die Vorstandschefin von Daimler Truck hat sich viel vorgenommen. Sie will Europas größten Lkw- und Bushersteller verstärkt auf Profitabilität trimmen. Die bereinigte Umsatzrendite im Kerngeschäft soll bis 2030 auf mehr als 12% steigen und über den Zyklus hinweg zwischen 9 und 13% erreichen. Zuvor peilte der Dax-Konzern 7 bis 11% an. Dieses Ziel formulierte die Schwedin Anfang Juli auf einem Kapitalmarkttag vor Investoren.
Dass die Ingenieurin dabei eine weite Strecke vor sich hat, zeigten die jüngsten Konzernzahlen. Im dritten Quartal sackte die bereinigte Marge um drei Prozentpunkte auf 6,3% ab. Eine Nachfrageschwäche in den USA sorgte für einen Gewinneinbruch. Die Zollkapriolen von US-Präsident Donald Trump schrecken die Käufer von Nutzfahrzeugen ab.
Konflikte
In diesem schwierigen Marktumfeld dreht Rådström vor allem an der Kostenschraube, um ihre Versprechungen an die Anleger zu realisieren. Bis Ende der laufenden Dekade will sie Aufwendungen im Unternehmen um mehr als 1 Mrd. Euro senken. Schlankere Organisationsstrukturen, Effizienzsteigerungen in der Fertigung und ein Sparen bei den Material-, Vertriebs- und Entwicklungskosten sind die Kernelemente ihres Programms.
Dass im Sommer dabei auch die Zahl von 5.000 zu streichenden Arbeitsplätzen in Deutschland fiel, sorgte beim Gesamtbetriebsrat für Verstimmung. Die Arbeitnehmervertreter pochen auf eine Vereinbarung, die bis 2034 betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. Die 46-jährige Konzernchefin arbeitet daran, die Wogen zu glätten, um nicht noch mehr Unruhe in das Unternehmen zu bringen. Sie spricht davon, sich auf die relevanten Einsparungen zu konzentrieren. Daimler Truck beschäftigt mehr als 100.000 Personen.
Ausdauer als Tugend
Im Gegensatz zu Rådström vermied ihr Amtskollege und Landsmann bei Mercedes-Benz, Ola Källenius, den Umfang des Personalabbaus beim ebenfalls in Stuttgart ansässigen Autohersteller nach außen zu kommunizieren. Neben der natürlichen Fluktuation setzt Mercedes-Benz vor allem auf Abfindungsangebote. In der Gemengelage wird auch der CEO von Daimler Truck um einen solchen Schritt nicht herumkommen. Für die Topmanagerin ist der Interessenausgleich ein Drahtseilakt.
Rådström gilt als willensstark und durchsetzungsfähig. Zu ihren Tugenden zählt Ausdauer. In ihrer Kindheit und Jugend verbrachte sie viele Jahre in Kanada. Als Profisportlerin gehörte sie dem schwedischen Ruder-Nationalteam an. Rådström ist die erste Frau an der Spitze des traditionsreichen schwäbischen Unternehmens.
Anfang Oktober 2024 rückte sie zur Vorstandsvorsitzenden auf, nachdem sie drei Jahre lang im Vorstand die Regionen Europa und Lateinamerika der Marke Mercedes-Benz Lkw verantwortet hatte. Für Daimler Truck war das ein Generationswechsel in der obersten Führungsetage. Rådström folgte seinerzeit auf Martin Daum (66). Der Konzern warb die Managerin 2021 vom schwedischen Wettbewerber Scania ab.
Erwartungen hoch
Rådströms Vertrag läuft bis 2029. Bis dahin muss sie liefern. Bei ihrer Berufung zum CEO bescheinigte ihr Aufsichtsratschef Joe Kaeser, der früher Siemens führte, ein „herausforderndes“ externes Umfeld „meistern“ zu können. Sie habe dazu beigetragen, eine „neue Leistungskultur“ zu „etablieren“. Auch die Erwartungen des Kontrollgremiums sind hoch.
